Seite - 85 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Streeruwitz-Suszncki, Band 40
Bild der Seite - 85 -
Text der Seite - 85 -
Stroüski Stronski
machte es ganz den Wienern nach. So
wurde am 20. März mit der Einschrei«
bung der studirenden Jugend in den
einzelnen Hbrsälen begonnen. Die tech«
nifche Abtheilung commandirte der
Professor der Chemie Dr. Rochleder
>M. XXVI, S. 216) und zum Corn-
Mandanten der ganzen Studentenlegion
wurde Bibliothekar Stro i lsk i ver»
langt und von dem Grafen Stadion
auch sofort ernannt. Schreiber dieses.
Beamter unter S t r o l i s k i , welcher
von militärischen Sachen keine näheren
Kenntnisse hatte, verdankte dem Um«
stände, als Ofsicier in der k. k. Armee ge«
dient zu haben, die Ernennung zu dessen
Adjutanten. Die Wochen vom 20. März
bis zum 43. April, um welchen S. seine
Stelle niederlegte, bleiben dem Verfasser
dieses Lexikons unvergeßlich. Die heroische
Selbstüberwindung des Commandanten,
der es Keinem, aber Keinem recht machen
konnte, mußte man beobachtet haben,
um den Mann der Philosophie, theore»
tisch gelehrt, wie er war, als praktischen
Philosophen zu bewundern. Die akade«
mische Legion war wohl aufgestellt, aber
— ohne Waffen. Man hatte immer und
nicht ohne Grund Furcht vor der Bewaff»
nung der jungen, von offen und heimlich
herbeigeströmten Emissären schlimmster
Gattung geradezu terrorisirten Leute.
Die Hauptagitatoren waren zwei Iour.
naliften, Dobrzanski und Dzierz»
kowski, welche Oel ins Feuer gössen.
Die Unruhe wuchs stündlich. Man ve»
tröstete mit der Ausfolgung der Waffen^
von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde.
Endlich, als eine weitere Zögerung un-
möglich geworden, erfolgte jene, und
als das Volk die Jugend in Waffen sah,
verlangte es auch nach solchen. Nun
waren eben für die akademische Jugend
Gewehre in die Aula gebracht worden. So zog denn daS Volk gegen diese heran,
und als es die Thore versperrt fand,
wollte es dieselben sprengen, die Aula
stürmen. In diesem verhängnißvollen
Augenblicke trat Dr. Stronski mitten
unter die tobenden Massen, um sie durch
Reden und Vorstellungen zu beschwich-
tigen. Damit seine Anrede besser gehört
werden könnte, hoben ihn einige Akade«
Miker auf ihre Schultern. Der fanatisirte
Pöbel ließ sich aber nicht beschwichtigen,
sondern tobte und schrie, und ein Toll»
hausler aus dem Volkshaufen hieb mit
einem Säbel nach dem sprechenden
Stroi iSki. Ein Akademiker sing glück-
licherweise den auf des Professors Kopf
gerichteten Hieb auf und fiel dem Fana«
tiker in den Arm; die Studenten aber,
welche das Leben ihres geliebten Meisters
nicht gefährden wollten, drängten nach
rückwärts, hoben denselben von ihren
Schultern, schoben ihn durch die Menge
gegen die auf ihren Zuruf sich halb
öffnende Thür, die hinter ihm sich
schloß, und brachten ihn so in Sicherheit.
StroüSki, von dem eben Erlebten tief
erregt, sprach wohl über den Vorfall kein
Wort, aber er sah ein, daß solchen Ele»
menten gegenüber ein Mann seiner ge-
läuterten, friedliebenden Denkungsart
nicht gewachsen sei. Noch etliche Tage
behielt er das Commando, dann bat er
um Enthebung von demselben; sie wurde
ihm auch von dem Grafen Stadion
gewährt, wenngleich mit Widerstreben,
da dieser die Bedeutenheil und den Ein»
fiuß des akademischen Lehrers erkannte.
Aber die eigentliche Feuerprobe seines
philosophischen Wesens sollte Stro i isk i
erst noch bestehen. Der General der
Cavallerie Wilhelm Freiherr von Ham«
merstein >Vd. VII, S. 29t) war an
Räcsei'S M . XXV, Bd. 40^ Stelle
zum Commandirmden in Galizien er«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Band 40
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Streeruwitz-Suszncki
- Band
- 40
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 394
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon