Seite - 163 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Streeruwitz-Suszncki, Band 40
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Stül) 163 Stülz
der That auch den Kopf des Helden
formte. Den Tagen, der ungestörten
Freude, welche Iodocus bisher ge>
nossm, sollte auch eine, glücklicherweise
nur kurze Zeit des Kummers folgen. An
der Spitze des Chorherrenstiftes steht der
Props t , den das Generalcapitel durch
Stimmenmehrheit auf Lebenszeit wählt,
als zweiter Vorstand des Hauses geht
ihm der Dechant zur Seite, den die
im Stifte weilenden Capitularen aus den
vom Propste vorgeschlagenen Mitgliedern
wählen. Es ist dies eine uralte, min«
bestens bis in die Milte des 13. Jahr-
Hunderts zurückreichende Tradition,
durch welche dem jeweiligen Dechanten
eine unter allen Umstanden höchst schwie»
rige und heikle Aufgabe übertragen ist.
Als nun der Dechant H a d i n g e r am
24. Mai 1847 mit Tod abgegangen
war, galt es, einen neuen Dechanten zu
wählen. Aus der etliche Wochen danach
stattgefundenen Wahl ging der schon seit
mehreren Jahren als Stiftspfarrer fun»
girendeIodocus Stü lz hervor. EinAuf^
enthalt von 26 Jahren im Kloster hatte
ihn genugsam über die Mißlichkeiten
dieser Stellung belehrt. Entschieden
lehnte er daher die Annahme derselben
ob. Der Prälat, der in ihm nicht nur
den würdigsten, sondern auch den für
dieses schwere Amt geeignetsten erkannte,
that Alles, um ihn zur Annahme zu
bewegen; aber alle dahin abzielenden
Versuche blieben erfolglos. Man mußte
Stülz gewähren lassen und endlich einen
Anderen zum Dechanten wählen. Aber
<lm Tage nach der neuen Dechantenwahl
erhielt er ein Schreiben des Propstes,
worin dieser ihn „hiemit seiner stiftspfarr-
lichen Stelle enthoben" erklärte, damit
«r frei und ungehindert seiner neuen und
ausgezeichneten Stellung (als Akade»
nnker) nachkommen könne. Dies war denn doch nichts weiter als eine ver»
blümte Absetzung. S t ü l z empfing
diesen Pfeil, den der Prälat abgeschossen,
mit stoischer Ruhe, den Schmerz, der
über solches Unrecht ihn erfüllte, ließ er
nicht merken. Aber um so stärker zeigte
sich die Aufregung unter dem Volke, als
die Kunde von der Absetzung des Pfar»
rers unter dasselbe drang. Die Sache
nahm eine solche Wendung zum Schling
men, daß eine Wiederherstellung in den
vorigen Stand dringend von Nöthen
ward und mit dem Bescheide des Prä»
latcn: „Es bleibe alles beim Alten"
die Wiedereinsetzung Stülzens in das
Pfarramt erfolgte. Unter diesen Verhält-
niffen kam endlich das ereignißreiche
Jahr 1848, und mit diesem traten neue
nicht geringe Bedrängnisse an ihn heran.
Die Ansichten deS Priesters, deS Ge-
lehrten und Denkers über jene gewitter«
schwülen Tage erfahren wir auS seinen
Briefen, auS denen sein unten genannter
Biograph ebenso bezeichnende als interes-
sante Auszüge mittheilt, welche unS
einen tiefen Blick in jene edle, kernfeste,
patriotisch und deutsch fühlende Seele,
die unter rauher Schale einen goldenen
Kern barg, thun lassen. Als sich auch im
Bregenzerwalde die Leute zusammen-
thaten, um ins Frankfurter Parlament
Deputirte zu entsenden, gingen aus der
Wahl, welche am 12. Mai zu Bregenz
stattfand. Stü lz als Abgeordneter, und
Feß le r , zu jener Zeit Professor in
Brixen, als dessen Ersatzmann hervor.
S t ü l z gelang eS. seinen Ersatzmann
vorzuschieben; das jedoch war nur ein
Moratorium. denn nachdem derselbe
drei Monate die Parlamentscampagne
mitgemacht, hatte er genug daran und
nun mußte S t ü l z wohl oder übel
doch nach Frankfurt, wo er denn auck
AnfangS October 1848 eintraf. Als die
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Band 40
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Streeruwitz-Suszncki
- Band
- 40
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 394
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon