Seite - 258 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Streeruwitz-Suszncki, Band 40
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beiter zu, die ihm als die Meistbedrückten
erschienen. I n Gratz trat er zum ersten
Male öffentlich auf, aber bald fand er
in den Verhältnissen der dortigen Ar-
beitervereine, in welchen die Meister
und Fabrikanten durch umsichtige Re>
formen jeden Keim der Unzufriedenheit
zu ersticken verstanden, nicht mehr den
für seine vorgeschrittenen Ansichten ge>
eigneten Boden. Er versuchte es wohl
mit den Lehren der Demokratie, in denen
er sich auf breiteste Basis stellte, aber
nicht lange währte es, so machte selbst
die Journalistik gegen ihn Front und er
sah
sich genöthigt, Gratz zu verlassen und
in Wien einen für seinen Zweck geeig«
neteren Schauplatz aufzusuchen. Dort
trat er als „Wanderprediger für Volks«
ausklärung" auf, wenigstens liebte er es,
sich selbst so zu nennen. I n D r e h e r's
Bierhalle auf der Landstraße kündete er
seinen ersten Vortrag an, in welchem er
über den menschlichen Aberglauben, dann
über den Wunder-, Geister» und Hexen»
glauben, über die Wettermacher und
andere Ueberbleibsel menschlicher Un»
wissenheit sprach. Da aber an dem nam«
lichen Tage eine Arbeiterversammlung
bei Zobel außerhalb der Mariahilfer»
Linie stattfand, sprach er vor einem
wesentlich anderen Publicum, als er er»
wartet hatte, meist nämlich vor Leuten
auS dem Bürgerßande, ohne den ge«
wünschten Erfolg. Ein zweiter Vortrag
aber ward polizeilich untersagt. Somit
gab er vorderhand das Wanderpredigen
auf und wendete sich wieder den Arbeiter«
Versammlungen zu. Er trat nun zu
Leobersdorf nächst Wien mit einem Vor«
trage auf. worin er das Loos unserer
Arbeiter mit dem der Sclaven des Alter,
thums verglich und dabei den Grundsatz
aufstellte, daß die Arbeiter jetzt viel
schlechter daran seien, als zur Zeit des, Spartacus. I n dieser Weise ging es
weiter fort: Er verlangte die Aufhebung
des Erbrechtes und gleichmäßige Ver-
theilung des Eigenthumes. Er stellte die
Lehrsätze P r o udh o n's. S a i n t.
S imon 'S auf, ja ging noch über
Eabe t hinaus. Ungeachtet dessen legte
man ihm noch immer nichts in den Weg.
Einige Tage später eiferte er in einem
Vortrage bei Zobel in aufregendster
Weise gegen den Adel, die Priester, die
Fabrikanten. Er sagte, daß hinter dem
Worte Religion Berge von Unsinn und Be>
trug staken, daß die Religion den Pfaffen
nur dazu diene, um Geld und Gut zu er«
langen. Er erklärte, daß im Socialismus
jener Faden verschwinde, den die Heuchler
brauchten, um daS Hier mit dem Jenseits
zu verbinden. Ungeachtet das Aufregende
dieser Vortrage am Tage lag, konnte er
doch kurze Zeit danach in Wiener«
Neustadt wieder vor den Arbeitern spre«
chen und ihnen empfehlen, zusammen»
zuhalten, weil die Regierung nicht durch
Bitten, sondern durch Furcht sich be-
wogen fühle, auf die Wünsche der Ar«
beiter einzugehen. Endlich aber schritt
die Staatsanwaltschaft ein, indem sie
gegen den Agitator die Anklage auf das
Verbrechen der Religionsstörung und
das Vergehen der Aufreizung erhob.
Am 15. Februar 1869 hatte sich Su-
bnri6 vor dem Gericht zu verant-
worten. Dasselbe sprach ihn schuldig,
und der Staatsanwalt beantragte eine
23monatliche Kerkerstrafe. Diese wurde,
nachdem der Vertheidiger des Ange«
klagten Milderungsumstande geltend zu
machen verschmäht und auf N i ch t«
schuld ig zu erkennen verlangt hatte,
auf sieben Monate Kerker festgesetzt.
S u b a r i ä kam in die Strafanstalt
Suben in Oberösterreich, wo er mit
Pater Florencourt in ein und der-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Band 40
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Streeruwitz-Suszncki
- Band
- 40
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 394
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon