Seite - 259 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Streeruwitz-Suszncki, Band 40
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Subario 259 Sudario
selben Zelle seine Strafe abbüßte. Nur
wenige Tage fehlten noch zu seiner Frei«
laffung. Da aber unmittelbar nach der«
selben eine neue Untersuchung gegen ihn
begonnen werden sollte, beschloß er. sich
derselben durch die Flucht zu entziehen.
Thatsächlich sprang cr auch am 12. Sep>
tember. als er im Gefängnißgarten zur
Erholung sich befand, über die Garten»
mauer und in den unmittelbar an der»
selben hinfließenden Inn. Da er ein
tüchtiger Schwimmer war, mußte er
beim Sprunge ins Wasser verunglückt,
oder sonst unfähig geworden sein, weiter
zu schwimmen, denn er ertrank. Wenige
Tage nach seiner Flucht, am 2l). Sep»
tember, wurde von der Donau in der
Gegend zwischen Enns und Melk ein
männlicher Leichnam an das Ufer ge>
spült. AuS den Schriften, die in der
Brieftasche des Ertrunkenen sich vor-
fanden, gewann man die Ueberzeugung,
daß S u b a r i o der Verunglückte sei.
Vor der Flucht hatte er seine sammt«
lichen Papiere versiegelt seinem Zellen-
genossen Pater F lorencour t über»
geben. Kurze Zeit nach Subar iä 's
Flucht erschien eine amtliche Commission
im Gefängnisse, untersuchte die Zelle und
die darin befindlichen Personen P feiffer
und Florencour t auf das genaueste
und nahm die von dem Flüchtling an
den Letzteren übergebenen versiegelten
Papiere an sich. Als aber dieser da>
gegen Protest erhob, wurde ihm be«
deutet: ein Sträfling könne, so lange er
unter der Hausordnung stehe, ohne vor»
herige Vermittelung der HauSvorstehung
weder Eigenthum noch Besitz erwerben,
auch solchen nicht, der etwa außerhalb
der Hausordnung wieder auflebe. Flo-
rencourt erhielt demnach auch nach
seiner Freilassung die von Subar io
ihm zugedachten Papiere nicht, und was mit ihnen geschehen, ist nicht bekannt.
Subar iö , der unter anderen Verhalt«
nifsen, unter einer einsichtsvollen Erzie»
hung ein seltener Denker, eine vielleicht
nicht gewöhnliche Menschenerscheinung
geworden wäre, besaß eine große
Rednergabe und hatte ganz das Zeug zu
einem Volksredner, kräftige Stimme,
Gedanken» und Bilderreichthum, letzteren
leider stark roth angehaucht, und einen
Muth, das Gewagteste zu sagen. Freilich
saß Niemand über ihm, der die Glocke
hätte ertönen lassen; mit einer Ver»
wegenheit ohne Gleichen sprach er seine
Ansichten über die Wirkungen des Kreuz»
zeichms, deS Weihwassers, der Amulete
aus, er stellte den Satz auf, daß der
Aberglaube so lange dauern müsse, bis
das höhere und niedere Volksschulwesen
auf die Basis der Naturwiffenschaft
gestellt werde; er bedauerte, daß die
Leute so dumm seien, an Wunder zu
glauben, und erklärte, daß eine große
Zahl Jener, deren Amt es sei, für den
Wunderglauben einzustehen, an jene
„Fluth von Dummheit" selbst nicht
glauben; er nannte gewisse Gebete ein
„triviales Lippenturnen" und meinte,
daß der „Iungfrauenverein" auS vielen
Müttern bestehe. Niemand erhob sich
gegen diese öffentlichen frivolen Angriffe
auf unbesprechbare Dinge, und der
Haufen johlte ihm lachend und lärmend
zu. S u b a r i o hatte sozusagen den
Herentanz der Arbeiterbewegung, der
ein paar Jahre lang Wien beunruhigte,
eröffnet, aber in Oesterreich hatte Nie-
mand mit den Arbeitern pactirt und sie zu
politischen Zwecken ausgenützt und so den
Teufel heraufbeschworen, den man dann
nicht wieder los wird. Ein sicheres ener«
gischeS Auftreten der Regierung machte
dem Rummel bald ein Ende. Man hätte
auch mit Subar i l l pactiren können, um
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Band 40
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Streeruwitz-Suszncki
- Band
- 40
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 394
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon