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Salomon 313 r^ Salomon
Singsanges einen ästhetisch erhebenden
Gesang zu sehen. Es fehlte aber an
allen Elementen dazu. Wahrend er nun
mit seiner eigenen Fortbildung sich emsig
befaßte und bei Ritter von Seyf r icd
Unterricht in der Composition nahm,
componirte er vorläufig selbst die noth-
wendigsten Chorale für den Tempel.
Aber wollte er nicht immer dasselbe
bringen, so mußte er die Zahl der Cho»
räle vermehren, und diese alle selbst in
Musik zu setzen, dazu hatle er nicht die
nölhige Z^'il. Er sah sich also nach ent»
sprechenden Kräften um. Und waren
auch diese gefunden, so galt es wieder
einen anderen Kampf zu bestehen. Es
gab eine mächtige Partei, welche starr
am Alten hing und allen Neuerungen
theils aus Orthodoxie, theils aus Vor»
liebe für den altgewohnten Schlendrian
principiell entgegenstand. Diese nach
und nach für feine reformatorischen Ten«
denzen zu gewinnen, w.ir seine nächste
Aufgabe. Ging er auch in den Re«
formen nicht so weit, wie mehrere jüdische
Gemeinden in Deutschland, welcde die
hebräische Sprache in den Gesängen ^
durch die deutsche ersetzten, so stellte sich !
ihm durch Beibehalt des Hebräischen!
doch ein nicht geringes Hinderniß in der
durch die Munk el fordert ich gewordenen
veränderten Betonung der hebräischen
Wörter entgegen. ES ist nicht unsere
Aufgabe, in diesen rein theoretischen Vor-
gang, wobei Su lzer zunächst darauf
Bedacht nehmen mußte, dem Wohllaute
Rechnung zu tragen, deS Näheren einzu»
gehen. Wir müssen uns mit der Andeu«
tung der Thatsache begnügen. Ferner
war es eine nicht minder wichtige Auf-
gäbe für ihn, seine neuen Chorale den
vorhandenen alten Synagogenmelodien
anzupassen, da er sonst überhaupt nicht
daran denken durste, zu reformiren. Er mußte daher diese alten mit den Gebeten
sozusagen verwachsenen Melodien künst»
lerisch behandeln. d< h. rhythmisiren
und endlich noch Harmonisiren. Nur
der des jüdischen Cultus und der Musik
Kundige kann sich eine Vorstellung von
der Aufgabe machen, welche zu bewäl-
tigen Sulz er auf sich genommen. Erst
nach fünfzehnjähriger angestrengter Tha»
tigkeit gelang es ihm, aus seinen Cho>
ralen ein Ganzes zusammenzustellen,
wclä'es die Grundlage zunächst des jüdi«
schen Gottesdienstes in Wien bildete,
bald aber so praktisch sich erwies, daß eS
in allen Synagogen — nur wenige sehr
orthodoxe ausgenommen — Eingang
fand. (Merkwürdigerweise soll sich gegen
diese Sulzer'sche Richtung in neuester
Zeit eine nicht unerhebliche Gegenströ-
mung zeigen.) Im Vorangehenden wurde
die Entstehung des in der jüdischen
Mustkliteratur Epocke machenden „Schir
Zion" geschildert. Dies ist nämlich der
Titel der von S. zusammengestellten
Choräle zum Gebrauch beim jüdi<
scken Gottesdienste. Iange nickt konnte
er sich für die Herausgabe dieses so wohl
erwogenen und unter Besiegung nicht
geringer Schwierigkeiten vollendeten
We:keS entscheiden, und die Partitur
blieb nur handschriftlich und ausschließ-
lich in Wien im Gebrauche. Nachdem
aber die Reformen deS jüdischen Gottes-
dienstes in Wien sich durchgerungen und
auch Mitglieder anderer Cultusgemein»
den dieselben allmälig kennen gelernt
hatten, verlangten die namhaftesten Ge«
meinden deS In» und Auslandes, wie
jene von Pesth. Kanizsa, Venedig,
München. Frankfurt a. M.< Berlin, ja
selbst solcke in Amerika die Partitur, und
da denn ein Werk. wie das verlangte,
noch nicht vorhanden war, entschloß
Sulzer sich endlich zum Druck seiner
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Band 40
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Streeruwitz-Suszncki
- Band
- 40
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 394
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon