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ieteN) Gerhard 38 ieteN) Gerhard
geregelten Unterrichts drückte feinen Geist
nicht nieder, im Gegentheil spornte ihn
dieser Uebelftand zum eifrigsten Selbst-
studium an. wobei er die naturwiffen-
schastliche Richtung jeder anderen vorzog.
Von Löwen kehrte er in seine Vaterstadt
Leyden zurück, wo er die Vorlesungen
deS berühmten B o e r h a v e besuchte,
der, auf den Eiser seines Schülers bald
aufmerksam geworden, demselben ein
Vertrauen entgegenbrachte, welchem
Swieten sieben Jahre hindurch als
seineS Meisters vorzüglichster Jünger in
stets echöhtem Maße gerecht wurde. Zu
jener Zeit las er die Werke der griechi-
schen Aerzte in der Ursprache, am meisten
fühlte erfichzuHippokrates,Galen
und Alexander von TralleS hinge«
zogen, indem er in diesen die Vorbilder
tiefer Naturanschauung gewahrte. Dabei
legte er seine Studien nach dem groß«
artigsten Maßstabe an und verfolgte den
labyrinth artigen Gang der Wiffenschaf»
ten durch alle Jahrhunderte. Sein Eifer
darin ging so weit, daß er sich
seine Ruhe,
keine Erholung gönnte, und als sein
Körper diese Anstrengungen zu empsinden
begann, da versank sein Geist in eine
Melancholie, auS welcher ihn nur die
liebevollen Ermahnungen seines vater-
Uchen Freundes Boerhave wieder her»
auSriffen, ohne die er vielleicht ein Opfer
semer Schwermuth geworden wäre. Hei«
tere geistige Genüsse, Leibesübungen, vor
Allem aber die Musik gaben ihm die alte
Spannkraft wieder. Unter solchen Ver>
Haltnissen promovirte er im Jahre 4723
mit der heute zur bibliographischen Sel«
tenheit gewordenen Dissertationsschrift
„vs 2.rt6ria.6 tadrioa. et sküoaoiH in
oorxoiO KurQ2.no" zum Doctor der Me»
dicin, blieb aber noch immer bei seinem
sich ihm vaterlich hingebenden Lehrer,
welcher in ihm wohl auch seinen Nach. folger heranreifen sah, der er in der That
auch wurde, allerdings in einem anderen
Lande, daS seiner damals dringender
bedürfte. Er begleitete nun Boerhave
in dessen Hörsaal, in den botanischen
Garten und an daS Krankenbett, stand-
ihm bei den häuslichen Consultationen,
wie bei den chemischen
Arbeiten zur Seite,
und erst der Tod trennte diese innige
Verbindung zweier großer Menschen, die
so viel zum Segen der Menschheit gethan.
Boerhave starb im Jahre 1733. Durch
fast zwanzig Jahre war S wiete n dessen
Schüler geblieben, wie er selbst in seinen
„OoraWOQtai-iiL" schreibt (rar» osrtO leli-
oitats midi oontiFit, lorts rmioo vi^iuti
lsrs annoruiQ Lpktio rakFui V o e r>
k a v i i institutioniduL trui). Wie sein
Freund und Vorbild, so liebte auch er
die Zurückgezogenheit und entsagte ihr
selbst dann nicht, als er wenige Jahre
nach beendeten Studien sich vermalte.
Mit dem täglich sich weiter ausdehnen«
den Wirkungskreise seiner ärztlichen
Praxis verbreitete sich auch sein Ruf als
Arzt. Da er aber gleichzeitig als
Lehrer in seinem Fache auftrat, so glänzte
er bald nicht minder als med'ic'm'ische
Autorität. WaS nun diese letztere Thatig,
keit Swieten's anbelangt, so ist der
Zeitpunkt derselben ebenso wenig festzu-
stellen, als es gewiß ist, daß er eine aka«
demische Befugniß dazu gar nicht belaß,
sondern nur auf den Wunsch und aller
Wahrscheinlichkeit nach anfänglich unter
dem Schutze Boerhave's lehrte. S i e>
genbeck führt ihn in seiner „Geschichte
der Universität Leyden" auch weder unter
den Professoren, noch unter den Lectoren
auf, und ist demnach in dieser Hinsicht
Wuerz zu berichtigen, wenn er von
dem in Rede Stehenden angibt, daß er
ein Lehramt bekleidet habe. Swieten'ft
Vortrage waren sehr besucht, besonders
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Susil-Szeder, Band 41
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Susil-Szeder
- Band
- 41
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon