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Swieten, Gerhard 39 ) Gerhard
von Englandern, er erhielt auch bald
einen ehrenvollen Ruf nach London mit
dem ansehnlichen Gehalte von tausend
Pfund jährlich; er lehnte aber ab, da er
es vorzog, ohne Amt inLeyden zu bleiben,
unbekümmert um den Neid seiner Wider»
facher, die so weit gingen, zu verhindern,
daß in Betreff seiner Person eine A
nähme von dem LandeSgesetze gemacht
wurde, welches katholische Lehrer von
jener protestantischen Hochschule auS<
schloß, wie es den Protestanten Lehr«
ämter an katholischen Universitäten ver<
sagte. Auf diese Art sowohl aller Aus»
ficht auf Beförderung als auch der Ge<
legenheit beraubt, seinem inneren Berufe
als Lehrer zu folgen, fügte er sich mit
Geduld diesen Unbilden und vertiefte sich
nur um so mehr in seine Studien, denen
seine Feinde ihn ebenso wenig zu ent»
reißen vermochten, als sie seinen sich täg.
lich steigernden Ruhm zu schmälern im
Stande waren. Um diese Zeit (1742)
erschien der erste Band seiner so berühmi
gewordenen Commentare zu B o e r-
h a v e'S Arzneilehre. I n Folge dieseS
Werkes durch den Reichs.Vice«Kanzler
Grafen von Königsegg und den
StaatSkanzler Grafen von Kaun i tz
auf S w i e t e n aufmerksam gemacht,
betraute Kaiserin Mar ia Theresia
ihn mit der ärztlichen Behandlung ihrer
an einem gefährlichen Wochenbette er-
krankten Schwester M a r i a A n n a ,
welche mit Kar l Alexander von
Lothringen, dem Bruder deS Kaisers
Franz, vermalt war. Als er die Cur
übernahm, billigte er die bisher getrof«
fenen Anordnungen der Aerzte und gab
auch Hoffnung auf Wiedergenesung der
Schwerkranken; dennoch vermochte weder
seine, noch der anderen Aerzte Kunst, die
Erzherzogin zu heilen, welche ihrer
Krankheit im Alter von 26 Jahren erlag. Die Kaiserin gab in emem eigen»
händigen Briefe an Swieten dem
Schmerze Ausdruck, den sie über den Ver<
lust dieser geliebten Schwester empfand.
Aber trotz deS unglücklichen Ausganges
erkannte sie, daß. wenn auch Menschen-
Hilfe außer Stande war. Rettung zu
bringen. Swieten doch in unvergleich«
licher Weise AlleS aufgeboten hatte, um
die Erzherzogin mit dem Leben davonzu»
bringen, und ernannte ihn zu ihrem
ersten Leibärzte. Die Lage, welche er,
als er am 7. Juni 1743 den Wiener
Boden betrat, daselbst vorfand, war eine
wenig ermuthigende. Die Wissenschaften
befanden sich seit der Zeit, als dem Ge-
lingen der Reformation im nördlichen
Deutschland die Reaction in den süd«
lichen deutschen Gebieten folgte, in.
Oesterreich im Zustande der Verküm»
merung. Während sich in Deutschland.
Holland. England und Frankreich der
Geist der Forschung regte, nahmen in
Oesterreich dunkle Männer die ersten
renstellen ein und wirkte die Alles
niederhaltende Macht der Jesuiten nach«
theilig auf jedes geistige Ringen. Wäh»
rend noch im achtzehnten Jahrhundert
arme und kleine norddeutsche Umve'»
'itäten die Fackel des Fortschrittes hoch
hielten und die Heilkunde durch große
Gelehrte einen neuen Aufschwung nahm.
verkümmerte Wien ungeachtet seiner
alten Stiftungen, seines Reichthums und
seiner sonstigen für eine geistige Ent«
Wickelung so günstigen Bedingungen und
Neb für die Naturwissenschaften ohne
ede Bedeutung. Wohl hatten die Kaiser
Leopold I. und Kar l VI. durch die
Gründung der Akademie der Natur-
forscher sich selbst ein ehrenvolles Denk«
mal gesetzt, aber die Arbeiten dieses
Institutes kamen Wien und Oesterreich
m allerwenigsten zugute. G a r e l l i,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Susil-Szeder, Band 41
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Susil-Szeder
- Band
- 41
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon