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) Emanuel Tellez 91 Snlva-Taroucca^ Emanuel Tellez
Grafen S y l v a - T a r o u c c a . auf-
bewahrt werden. Der Briefwechsel ist in
französischer Sprache geführt, denn ob«
wohl Graf Sy lva«Taro ucca zwei
Drittheile seines Lebens auf deutscher
Erde zugebracht, verstand er — doch
nicht deutsch. Von dem Französisch, in
welchem diese Briefe geschrieben, sagt
Kara jan , daß es nicht selten keines
mehr sei. Der Regierung Kar ls VI.,
welche 30 Jahre währte, war T a>
r oucca innerlich nichts weniger als zu«
gethan; er nennt dieselbe ,eine Regierung
der Langsamkeit, Unentfchloffenheit und
gegenseitiger Beschuldigungen" und
meint: ,eS sei gut, daß die Nachfolger
eingesehen hatten, daß man alten Wein
mit jüngerem auffrischen müsse". Bei
dem Regierungsantritt M a r i a The.
r e s i a'S lebte der Graf neu auf. Da
begann seine Wirksamkeit. Auf dem von
der Kunst wiederholt verherrlichten, be-
züglich seiner überlieferten Einzelheiten
vor der Kritik der Geschichte nicht be-
stehenden Preßburger Landtage von
1744 suchte die junge Kaiserin in ihrer
durch die Begeisterung der Treue zeit-
weise wohl gehobenen, durch die Ge«
fahren des Krieges aber stets wieder ge«
drückten Stimmung, an der eigenen
Kraft zweifelnd, angstvoll nach der
treuen Hand, die sie aufrecht erhielte in
den von allen Seiten, sie umlagernden
Bedrängnissen, damit sie nicht strauchle
und hinsinke auf ihrer dornenvollen
Bahn. Ihr Blick fiel auf Sy l va . den
sie längst als einen ihrer zuverlässigsten
und eifrigsten Diener erkannt hatte. Weil
sie das Gewicht ihrer schweren Aufgabe
kannte, weil sie sich selbst nicht über«
schätzte, trug sie kein Bedenken, trotz
ihrer erhabenen Stellung ihr Thun und
Lassen dem Scharfblicke dieses treuen
Beobachters zu unterstellen, auf seine Mahnungen zu achten und sich dadurch
gleichsam ein zweites ungetrübtes Ge»
wissen neben sich zu schaffen. Sie ver«
langte von ihm. daß er täglich bei ihr
erscheine, nicht blos um über Dienst«
fachen mit ihr zu sprechen, sondern auch
über Angelegenheiten ihrer Familie,
gleich als wäre eS seine eigene. So
großes Gewicht legte sie auf sein Urtheil
und seinen richtigen Blick. Auf dem er-
wähnten Landtage ertheilte sie ihm den
ausdrücklichen Befehl, „ i h r vondaan
ohne Unter laß zu sagen, wo
sie fehle, die Mange l ihres
Charakters zu erforschen und
ihr offen mitzuthei len". Welch
eine Aufgabe für den gleichwohl hoch-
gestellten Staatsmann gegenüber seinem
allerhöchsten Gebieter, hier gegenüber
einer Kaiserin! Noch zehn Jahre später
nennt Taroucca die ihm gewordene
Pflicht eine »gehässige", und bald, nach»
dem sie ihm auferlegt worden, noch in
den Vierziger«Iahren, schreibt er der
Kaiserin eingangs einer längeren Vor»
stellung mit der Ueberschrift: „Betrach«
tungen über mein Benehmen" unter An-
derem Folgendes: „Von dem Augen«
blicke an, als Eure Majestät mich mit
dem heiktichften und bedenklichsten Ge»
schafte beehrten, das einem armen Unter«
than werden kann, sah ich sowohl den
Perfall des Vertrauens voraus, das ich
genoß, als den meines blühenden
Glückes und sprach davon, denn Eure
Majestät hatten als Königin mic den
Befehl ertheilt, ihr ihre Fehler zu
sagen, gleich einer einfachen Privatperson.
Um nun mit Ehren« und Gewissen hastig«
keit diesem Befehle nachzukommen, hieß
eS, den Charakter Eurer Majestät ftu-
diren, und um dies zu können, Eurer
Majestät sich oft nähern. Wie aber war
dies möglich, ohne den Neid. die Eifer»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Susil-Szeder, Band 41
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Susil-Szeder
- Band
- 41
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon