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in der Schulung des Compagniedienstes
jene Kenntnisse und jene Lebenspraxis an,
welche sich in allen seinen Handlungen
kundgeben. Ein längst ausgedienter
Soldat, lebte er in den Jahren von
1846 an als Grundwirth und Gemeinde-
deputirter in seinem Geburtsorte, Unter
den Ruthenen in Galizien haben sich die
Eindrücke der umwälzenden, alle Miß.
Verhältnisse zwischen Bauer und Edel»
mann nach Möglichkeit ausgleichenden
Reformen Josephs I I . lebendig erhal-
ten. Der galizische Bauer zunächst hatte
den wohlthätigen Einfluß kennen gelernt,
den sein Kaiser, dieser echte Schatzer der
Menschen, auf die Besserung der Lage
und der Verhältnisse der Bauern ge»
nommen. Wie die Mehrzahl der galizi«
schen Bauern, besaß auch Szela eine
sür seinen Stand ungewöhnliche Intel»
ligenz, welche im Laufe der militärischen
Dienstzeit — zu jener Zeit noch volle
vierzehn Jahre — nur bedeutend ge«
schärft worden war. Durch eigene Beob»
achtung und Erfahrung, durch Ueber«
lieferung aus dem Munde seines Vaters
und gleichgesinnter Nachbarn hatte er
frühzeitig die Ueberzeugung gewonnen
und festgehalten, daß der Bauer nur
von den kaiserlichen Behörden eine ge«
rechte und humane Auslegung der Ge-
setze zu erwarten habe. Trotz aller AuS«
nahmen, die ja auch hier wie überall
vorkommen, war es immer so und wird
es immer so bleiben. Mit unermüdetem
Eifer und seltener Ausdauer suchte sich
Szela Kenntnisse in der Unterhausgesetz»
gebung zu erwerben und erlangte auch
mit der Zeit eine solche Fertigkeit in der
Auslegung und Anwendung derselben,
daß er es darin bald mit dem geschick«
testen Rechtsanwalt aufnehmen konnte.
Dabei war er ein musterhafter Oekonom,
empfanglich für landwirthschaftliche Ver«
v. Wurzbach , biogr. Lexikon, XI. I I . ^Gedr befferungen, wodurch er von dem größten
Theile der übrigen Bauern vortheilhaft
abstach, die sich aus Mißtrauen jeder
Neuerung verschlossen. Die Nachrichten,
daß er für ein begangenes Verbrechen
eine längere Haft im Cciminale aus-
gestanden, sind absichtliche Erfindungen,
an denen nicht ein Härchen Wahrheit ist.
Wenn Szela jene Gesetzeskenntniß zu-
nächst im eigenen Interesse, um feine
Rechte zu wahren, benutzte, so war er
doch auch voll Theilnahme für seinen
Stand, dem er bei Gelegenheit mit
Rath zur Seite ging. Die meisten Bauern
der damaligen Zeit waren durch die
gleichsam als Recht bestehenden Be.
drückungen der Edelleute so eingeschüch«
tert, so ohne alles Bewußtsein ihres
Rechtes, daß sie kaum eine Ahnung
davon hatten, daß das benachbarte
Kreisamt ihre unmittelbare, zunächst zu
ihrem Schutz eingesetzte Obrigkeit sei,
bei welcher sie, wenn Anlaß vorlag.
Klage erheben, gegen Entscheidungen
der grundherrlichen Beamten Einsprache
thun, überhaupt Schutz und Hilfe finden
konnten. Der ruthenische Bauer war in
der That. wie SzaSzkiewicz es den
polnischen Edelleuten auf dem Landtage
offen ins Gesicht sagte, durch die Be-
drückung von Seite der Polen Helot.
Wenn er, was gar nicht selten, ja in man«
chen Gegenden als Regelvorkam, m ißhan»
delt ward, so sah er dies wohl als Druck
an und wehklagte auch, daß aber an
ihm eine Ungesetzlichkeit, ein Frevel be»
gangen wurde, über den er sich höheren
Orts beklagen konnte, wußte er nur aus«
nahmsweise. Er konnte sich freilich bei
jedem Rechtsfreunde Aufklärung über
den Sachverhalt verschaffen, hier aber
stand ihm das unbesiegbare Mißtrauen
gegen AlleS, was er „I>2.ni", die Herren,
nannte, entgegen, und er zog es in
l3. Sept. <880.) 3
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Szedler-Taasse, Band 42
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Szedler-Taasse
- Band
- 42
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 356
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon