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S5ent-K.ir9.lyi) Moriz -Kirälyi) Moriz
dieselben in ihrer gesammten Verzwei«
gung und ihrem ganzen Zusammenhange
zu sehen sind... Seine ganze Rede ist
oft nichts anderes als das Entwickeln
einer einzigen Idee. Doch sobald er zu
discutiren, zu widerlegen anfängt, muß
es der Redner, der ihn zu verletzen
wagte, allsogleich spüren, daß der Ge>
danke nervige Glieder besitze. Die zorn>
erglühten Augen bezeugen es, daß die
Nerven dieses dürren Körpers zeitweise
von sieberischer Aufregung durchzuckt
werden. Dann bemächtigt sich seiner ein
kalter, tief eingreifender Spott, schnei«
dender Hohn seiner Stimme, ohne daß
jedoch die Leidenschaft die fortschreitende
logische Ordnung der Vernunftbelege
auch nur im entferntesten zu stören im
Stande wäre.. . Oft geschah es, daß er
eine ganze Rede, wie der Botaniker mit
der Blume zu thun pflegt, gleichsam ein-
zelnweise entblätterte". Aber Szent-
K i ra ly i . obgleich eines der bedeu»
tendsten Glieder der Opposition, ging
nichtsweniger als durch Dick und Dünn
mit derselben; im Gegentheile schloß er
sich in nicht unwichtigen Fragen zuweilen
von seinen Parteigenossen ab. Seine
Selbftsiändigkeit opferte er weder feiner
eigenen Partei, noch einer andern. Albert
Hugo meint, indem er die Silhouette
des in Rede Stehenden zeichnet: „Obwohl
bei Szent .Ki rä ly i die deutsche wis-
senfchaftliche Bildung jede andere über»
ragt. so hat sich doch der ungarische
Staatsmann nie besonders in jene fco«
stige deutsche Salmiakopposition ge>
funden, welche die Majorität der unga»
rischen Deputirtenkammer nach dem
glorreichen Systeme R 0 t t e c k's und
Welcker's inspirirt". So geschah es
denn, daß er, wenn er auch die Haupt»
ausgangspunkte der Opposition beide«
hielt, vieles von den in das Reform» wesen eingeschlichenen Oppositionslehcen,
an die sich manche seiner Gesinnungs»
genoffen hartnäckig anklammerten, schon
auf dem Reichstage von 1843 über Bord
warf. Die conservative Partei ließ nichts
unversucht, ihn für sich zu gewinnen,
aber vergebens. Selbst als die Revolu»
tion ihren „entschiedenen" und „unbeson-
nenen" Fortschritt nahm, ließ er sich auf
seinem eingeschlagenen Wege nicht be>
irren. Kossuth, der von ihm in man»
cher Richtung mächtig beeinflußt wurde,
wich ihm lange nicht von der Seite;
aber der Gegensatz zwischen Beiden wurde
immer größer, und da Szen t«Kira ly i
trotz seiner ungewöhnlichen Willens» und
Charakterstärke nicht den Muth besaß,
dem Manne, dessen Namen die Revolu»
tion bereits zu einer Zandesgewalt er-
hoben hatte, entschieden entgegen zu
treten, so zog er sich lieber selbst zurück.
Als im März Louis Graf B at thyäny
mit der Bildung eines Kabmets betraut
wurde, erwartete Alles, daß Szent.
K i ra ly i . einer der populärsten und
dabei fähigsten Männer, einen Platz im
neuen Ministerium einnehmen werde.
Doch dem war nicht so. Er sollte
bald einen ungleich höheren Posten er»
halten, indem er zum Grafen von Ja-
zygien und Cumanien ernannt wurde,
welche Würde im Vormärz der jeweilige
Palatin bekleidete. I n dieser Stellung
war er berechtigt, den Platz im Ober«
hause einzunehmen, aber die hierzu an
ihn erlassene Einladung lehnte er mit
der Bemerkung ab: ,seine Charge
mache ihn noch nicht appartementsfahig
an der Tafel der Magnaten". Indeß be«
suchte er in jener Periode schon selten
das Unterhaus, und bereits gegen die
Mitte des September kehrte er mit llr«
auf seinen Generalcapitänposten
Als der Kampf im Süden aus-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Szedler-Taasse, Band 42
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Szedler-Taasse
- Band
- 42
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 356
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon