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t838 der damalige Redacteur und
Herausgeber der in Wien erscheinenden
„Morgenpost" Dr. Landsteiner einen
Redacteur für den politischen Theil seineS
Blattes suchte, wendete er. sich an
Szeps. deffen Name in journalisti-
schen Kreisen schon viel genannt wurde,
und forderte ihn auf, die Redaction zu
übernehmen. Immer noch schwankte
SzepS. ob er die medicinische Lauf»
bahn mit der publicistischen vertauschen
sollte, endlich entschied er sich für letztere,
trat bei der „Morgenpost" ein und
wurde Chef.Redacteur dieses Blattes.
Mit einem Artikel iiber Montenegro,
welches er treffend den .Wetterwinkel
Europa's" nannte, eine Bezeichnung, die
bis zur Stunde zutriffl, debutirte er.
Als der verhangnißvolle Neujahrgruß
4839 in den Tuilerien stattfand ftergl.
den Artikel: Alexander Freiherr von
Hübner. Bd. IX) S. 391^, prophe«
zeite Szeps, was nun damals freilich
nicht allzu großer Sehergabe bedürfte,
den Krieg, und die Art, wie er dies that,
daS stete in den Vordergrundstellen dieses
ThemaS, brachte ihn in mancherlei Ver>
Wicklungen mit der Preßbehörde, welche
begreiflicherweise solcb beständiges Beun»
ruhigen deS Publicums nicht eben oppor»
tun fand. Der Krieg, der unausweichlich
war. brach auS, und die ,Morgenpost°
nahm durch die Schilderung der Kriegs»
ereigniffe, welche sie mit einer Voll-
ständigkeit wie kein anderes Wiener
Blatt brachte, einen ungeahnten Auf-
schwung. Auch war eS Szeps, welcher
unmittelbar nach der Schlacht von Sol«
ferino im genannten Blatte auf die un«
abweisbare Nothwendigkeit von Refor»
men hinwies. Bei den damaligen Preß-
Verhältnissen wäre ein Artikel über diesen
Gegenstand im politischen Theile deS
Blattes nicht möglich gewesen, so fand er denn unter harmlosem Titel im Feuille»
ton seinen Platz, um da ebenso wenig
seine Wirkung zu verfehlen und den
Verfasser in Conflict mit der Behörde zu
bringen. Nun aber war eine andere Zeit
gekommen, die Zeit politischer Reformen,
durch welche mit dem alten System ge«
brochen wurde. Die Presse gab bei
diesem Umschwünge den Ton an< Eine
Broschüre, betitelt: „Freie Worte eines
Bürgers an den Kaiser von Oesterreich"
würde als solche unverkauft geblieben
und von dem Gros der Bevölkerung,
auf welche sie gemünzt war, wenig oder
gar nicht beachtet worden sein. Da ver»
fiel Szeps auf den Ausweg, sie an der
Spitze seineS Blattes abzudrucken. Der
Erfolg war ein beispielloser. 48 Stunden
arbeitete die Druckerei unausgesetzt, um
dem Verlangen nach Exemplaren zu ge«
nügen. Am 23. April 4860 fand der
Selbstmord des Ministers Brück statt,
man glaubte die That vor dem Publi»
cum verheimlichen zu sollen; die , Mor«
genpost" ihrerseits wollte eS aber ihren
Lesern, wenn nicht gerade heraus sagen,
so doch auf einem Umwege bekannt»
geben, und so theilte sie denn mit: ,Vei
der Section der Leiche Bruck'S ergab
sich, daß die Handgelenke durchschnitten
und im Magen eine Quantität giftigen
StoffeS gefunden wurde". Von dieser
Nummer sollen über Tinhunderttausend
Exemplare verkauft worden sein. Es
ließen sich noch manche Fälle der publi«
cistischen Taktik, nach welcher SzepS
in der «Morgenpost" manövrirte, an«
führen, aber dir erzählten werden zum
Verständnisse vollauf genügen. Diese
Periode nach dem Feldzuge des Jahres
1839 während deS unheilvollen Mini-
steriumS Golu.chowSki, durch welches
der Kaiserstaat ein zweites Solferino er«
litt. war ganz danach angethan, um die
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Szedler-Taasse, Band 42
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Szedler-Taasse
- Band
- 42
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 356
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon