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« ääo. 29. Juni 1868
erschienen, welche auf den 8. December
1869 ein allgemeines Concil nach der
ewigen Stadt einberief. Da brachte das
,Neue Wiener Tagblatt", dessen Redac-
teur Szeps seit einigen Monaten war,
an der Spitze der Nummer vom 4. Juli
(Nr. 182) den Leitartikel ,Der Knecht
der Knechte Gottes«, er leitete den Ab-
druck der übersetzten Bulle, wie selbe der
, Volksfreund" gebracht, ein. I n diesem
Leitartikel wird entgegen den Anschul»
digungen, welche die Bulle wider die ge-
sammte Christenheit erhebt, in welcher
Gottlosigkeit, Sittenvecderbniß, zügellose
Ungebundenheit, die Seuche schlechter
Meinungen aller Art, alle Laster und
Verbrechen, die Verletzung göttlicher und
menschlicher Gesetze überall so verbreitet
seien, daß nicht nur unsere heiligste Re-
ligion, sondern auch die menschliche Ge«
sellschaft auf bejammernSwerthe Weise in
Verwirrung gestürzt und gequält werde
— und als Grundursache dieser Uebel
werden die „gottlosenBücker" und „ver>
derblichen Zeitungen" bezeichnet — die
Aufmerksamkeit deS heiligen Vaters auf
seinen eigenen Kirchenstaat geleitet, in
welchem bei weitem schlimmere Zustände
herrschen, als in irgend einem anderen
3ande der Erde. Hatte nun schon dieser
übrigens maßvoll geschriebene Artikel
Sensation erregt, so war doch dieselbe
nichts im Vergleiche zu der Erregung,
in welcke zwei Tage später durch das
Feuilleton desselben Blattes (Nr. 186).
betitelt ,An den Knecht der Knechte
GotteS in Rom", die öffentliche Mei«
nung gerieth. Dagegen einzuschreiten
fand sich die k. k. Staatsanwaltschaft
berufen und erhob darüber eine Anklage
gegen Redaction und Eigenthümer,
welch'letzterer eben S z ep s war. Den
Standpunkt der Staatsanwaltschaft be- zeichnet die Erklärung derselben zutref-
fend: ^daß der Artikel auch dann ver«
folgt worden wäre, wenn er, statt
gegen den katholischen CleruS, gegen
Rabbiner oder gegen Pastoren sich gerich.
tet hätte. Die Verhandlung endigte mit
der Verurtheilung des Redacteurs und
deS Eigenthümers. Mehrere Wochen
später veranlaßte der Artikel .Cardinal
Rauscher in bengalischer Beleuchtung"
in der Nummer des „Neuen Wiener
Tagblattes" vom 13. August 1868 die
Staatsanwaltschaft neuerdings gegen
S z e p s einzuschreiten, und diesmal
endete die Verhandlung mit der Nicht-
schuldigerklarung. Daß solche Er.
folge die Aufmerksamkeit des Publicums
auf das Journal insbesondere richteten,
ist selbstverständlich, und so steigerte
sich
denn auch mit dem Einflüsse des Blattes
dessen Abnehmerzahl, so daß diese
während des bosnischen FeldzugeS
(1878) sogar auf 32.000 kam. Aber auch
auf Vervollkommnung des rcdactionellm
Apparates war Szeps immerfort be<
dacht. Er scheute keine Kosten, um nach
allen Richtungen Verbindungen zu unter-
halten und mit der stetigen Steigerung
der Theilnahme von Seite deS Publi«
cumS steigerten sich auch die Gebühren
für Telegraphen und die Honorare der
Berichterstatter zu enormen Hohen. So
aber geschah es, daß nicht selten — um
nicht zu sagen immer — das „Neue
Wiener Tagblatt" an der Töte der
Ereignisse marschirte und die anderen
Wiener Blätter namentlich in wichtigen
Zeitperioden mit seinen Neuigkeiten
überholte. So z. B. hatte daS .Neue
Wiener Tagblatt* zuerst und allein in
einer Morgen«Separatausgabe die Nach«
richt von dem Siege der deutschen Waffen
bei Sedan und allem, waS damit im Ge>
folge, gebracht. An maßgabender Stelle
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Szedler-Taasse, Band 42
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Szedler-Taasse
- Band
- 42
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 356
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon