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) Stephan 142 ) Stephan
tage von 1844, geb, um 1798, gest.
1830). Eine der denkwürdigsten Per-
sönlichkeiten im parlamentarischen Leben
Ungarns. Im Jahre 1830 Gerichtstafel,
beischer, war er schon auf dem Landtage
1339 Personal, d. i. porsonaiis pras-
10^120 in. Huäioiis looumto-
oder Präsident der königlichen
Tafel, welcher vom Könige ernannt wird
und in der Deputirtenkammer den Vor«
sis führt. Die Aufgabe des Personals
ist eine der schwierigsten, die sich denken
lassen: da er einerseits in seiner Stellung
als königlicher Beamter die Rechte,
Wünsche und Interessen der Regierung
zu vertreten, anderseits in seiner Eigen«
schaft als Kammerpräsident selbst den
Schein von Parteilichkeit in der Leitung
uud Zusammenhaltung der Kammerver»
Handlungen, sowie in der Bestimmung
der Majorität sorglich zu meiden hat.
Wenn nun in Folge heftiger Debatten
oder auch auS anderen Ursachen in der
Kammer eine Vereinbarung der Mei-
nungen oder eine Abstimmung nicht
möglich wird, so finden Circularsitzungm
statt, welchen ihrer vertraulichen Eigen«
schaft wegen der Personal nicht bei»
wohnt. Nun aber werden eben in den»
selben die Reichstagsangelegenheiten am
erschöpfendsten behandelt, werden die
meisten Nuntien, Gesetz» und Repräsen»
tations'Vorschläge redigirt, und eS bildet
sich daselbst in der Regel die Mehrheit
der Kammer, welche dann den Vor-
schlagen und Einwürfen des Vorsitzen«
den, mögm diese nun die Ansicht der
Regierung aussprechen oder auS seiner
individuellen Neberzeugung geschöpft sein,
nicht selten ohne erst auf deren Erörterung
einzugehen, ein keinen Widerspruch dul«
dendes „rüarach'on!« (soll bleiben), ent-
gegensetzt. Am schwierigsten aber wird
diese Stellung, wenn, wie oben bemerkt, heftiger Wortstreit entbrennt, wenn die
Deputirten sich gegenseitig oder die Re«
gierung oder den Personal selbst, als
deren Organ, angreifen, und zwar meist
nicht eben in parlamentarischer Taktik,
sondern in einer Weise, welche eher auf
daS RäkoSfeld, als in den Sitzungssaal
paßt; und wenn es dann gilt, bei
ärgerlichen Ausbrüchen nicht nur deS
gesetzgebenden Körpers. sondern auch
des vorlauten Publicums die gestörte
Ordnung einigermaßen aufrecht zu er»
halten. Dabei ist man in Ungarn, wie
denn auch anderswo, meist noch immer
der Ansicht, daß hinter dem Präsidenten«
stuhl nicht eben daS Banner des Fort»
schritteS und des wahrhaften Patriotis«
muS flattere. Aus allen diesen Gründen
wird man es denn leicht begreiflich
finden, daß die Stellung des Personals
eine ebenso heikliche als undankbare ist
und daß, wenn unter solchen Umständen
Stephan von SzerencSy nichts«
destoweniger einer der populärsten Men«
schen seiner Zeit war, derselbe eine
eigengeartete ganz merkwürdige Per«
sönlichkeit gewesen sein müsse. Und das
war denn auch der kleine wohlbeleibte
Mann mit den gutmüthigen jovialen
Zügen, dem olivenfarbenen Teint, den
dunklen, aber lebhaften, scharfblickenden
Augen und jenem derben gesunden
Phlegma, dessen Niemand mehr bedarf,
als eben der Per so na l. I n dem Holz«
schnitt, den die „Illustrirte Zeitung"
(Bandl l , 4844, Seite 343) seinerzeit
brachte, scheint Szerencsy nicht ganz
glücklich wiedergegeben zu sein. Die
vorstehenden Zeilen erschienen uns uner-
läßlich, um Stellung, Bedeutung und
Charakter dieses Mannes vollkommen
zu würdigen. SzereneSy, nebenbei
Publicist, war mit den Bestrebungen
und politischen Verhältnissen des gebil»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Szedler-Taasse, Band 42
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Szedler-Taasse
- Band
- 42
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 356
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon