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für ungesetzlich erklart, ihn nicht aufrecht
erhalten, ja den croatischen Deputirten zur
Verletzung desselben mehrmals Gelegenheit
geboten hat. Hierdurch hat er sich factisch
über di» Tafel erhoben. 2. I n dem Protest
beantrage ich die Erklärung, daß die Tafel
unter keinen Umständen v-m ihrem Beschlusse
vom 20. Juni abweicht. Da es jedoch
unter ihrer Würde ist. bis zur thätlichen
Gewalt herabzusteigen, und diese gegen die
croatischen Deputirten zu gebrauchen, so
werden wir uns ihrem lateinischen Vortrage
nicht widersetzen, nehmen aber von diesem
keine amtliche Notiz, betrachten ihre Reden
als nicht gesprochen und verbieten deren Auf»
nähme in das Reichsdiarium. Ebenso ver«
bieten wir den Censoren, diese lateinischen
Reden zur Censur aufzunehmen. Ich bean»
trage dies einzig, um die Würde dieser
Tafel unter solchen Drangsalen aufrecht zu
erhalten, und bitte darum auch jene Depu.
tirten. welche das Rescript angenommen,
sich meiner Motion nicht zu widersetzen. Ver«
einigen wir uns! Wäre kein Meinungszwie«
spalt zwischen uns gewesen, vielleicht wäre
es dann nicht bis zu dem gestrigen Auf-
tritte gekommen, und oben hätte man sich
wodl nicht unterfangen, die Croaten auf
solche Weise zu unterstützen". Die Rede
war geendet, ein Antrag gestellt, den Nie»
mand im entferntesten geahnt. Von allen
> Sitzen hörte, man das beistimmende „Vllo-
3aäMk!" (wir nehmen eö an). Die Motion
wurde ohne Debatte angenommen. Des
anderen Tages kam dieser Beschluß in der
Reichstagssitzung zur Verhandlung. Die croa
tischen Deputirten sprachen lateinisch, wäh
rend die ungarischen conversirten. Diese glaub,
ten dadurch ihre Würde gerettet. Der Präsi
dent (Szerencsy). blos von einem ein
zigen Mitgliede der Kammer angegnssen.
erfuhr an diesem Tage. daß, wenn seine
Ansichten auch nicht immer mit der Majoii
tät sympathisirten. er dennoch als Mensch und
Staatsmann eine große Popularität genoß.
Dieser Ausgang kam Jedermann unerwartet.
Die Sprachenfrage war bis auf die Spitze
getrieben, war zu eincr Ehrensache gemacht
, worden, und nun hatte Alles einer Motion
beigestimmt, welche den Beschluß vom 20. Juni
factisch aufhob. So beging die ungarische
Deputirtenkammer einen großen Fehler gegen
die Klugheit und Würde des Landes. Gegen
die Klugheit, weil sie eine Frage unpoliti'
scher Weise auf die Tagesordnung brachte und bis auf das Aeuherste trieb; gegen die
Würde des LandeS, weil sie in ihrem Nach.
geben Feigheit an den Tag legte, deren sich
eine moralische Person nie zeihen lassen
darf. Diese unerwartete Wendung einer
Krisis, welche möglicherweise die Auflösung
des Landtags herbeiführen konnte, machte
einen fast wehmüthigen Eindruck auf das
Publicum. vornehmlich aber auf die, Jugend,
die bekanntermaßen den meisten Antheil an
Parlamentsdedatten nimmt. Im ersten Mo»
ment dachte man an eine DemonNrarion
behufs Mißbilligung über die Handlungs-
weise der Deputirtenkammer. Als der croa«
tische Deputirte Klobucharich^ eine biß
dahin haßverfolgte Persönlichkeit, auf der
Promenade erschien, wo die Jugend, in
Gruppen versammelt, eben über die Demon»
stration berathschlagte, wurde er von ihr
mit einem Eljen empfangen, seine Kühnheit,
Energie und Ausdauer aelodt. Solchen Um-
schlag in der öffentlichen Meinung hatte
dieser Mißgriff der Kammer hervorgebracht.
Die Opposition derselben wurde vom
Publicum mit Zischen empfanaen. so daß
Beöthy mic Entrüstung apostrophiere: „Die
Galerien werden nie dem legislativen Körper
imponiren". Klauzal sah sich veranlaßt,
eine Philippica gegen jene Jugend zu halten,
, welche sich eben während des ganzen Vor»
gangs so musterhaft verhalten hatte. Nur
der kaustische, aber .stets den Nagel auf den
Kopf treffende Moriz Szentk i rä ly i ss. d.
S. 94 dieses Bandes), im Jahre 1848 Ca.
pitän der Iazygier und Cumanier, der in
einer echt edelmännnischen Rede die Sym»
patbien für den wackeren Präsidenten Sze»
rencsy weckte, sprach sich über das Zischen
auf den Galerien zu seinen Collegen in den
geflügelten Worten aus: „Wenn Euch früher
der Beifall, gesiel, so muß Euch nun auch
das Gegentheil gefallen". Hier aber wurde
dieser denkwürdige Vorgang zu beherzigens.
werther Erwägung mitgetheilt, weil das öfter«
reichische Staatsschiff ja eben wieder von
den wilden Wogen der Sprachenfrage umher«
geworfen wird.
I l lust r i r te Zei tung (Leipzig. I, I . Weber,
kl. Fol.) Bd. I I , 23. Mai 1844. Nr. 48,
Seite 343.
Porträt. Ebenda S. 345. Ein anderes,
ziemlich seltenes Porträt radirte im Jahre
1827 Baron Ferdinand Lütgendorf , und
ist dasselbe auf einem Octavblatte mit dem
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Szedler-Taasse, Band 42
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Szedler-Taasse
- Band
- 42
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 356
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon