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) Karl Karl
fel entführt sei. Doch wurde darüber
das höchste Geheimniß bewahrt, nur
Eines wußte man im Publicum. daß eine
unternehmende meist aus emigrirten
Franzosen bestehende Partei den Plan
gefaßt habe, den jungen Prinzen nach
Paris zu entführen, um ihn daselbst als
Mittel zu ihren politischen Zwecken zu
benutzen. Wie oben bemerkt, stand Tapp
zu jener Zeit als Beamter bei der k. k.
Polizeierpofitur in Hietzing. Daß er in
seiner Stellung bald Kunde von diesem
Attentat erhielt, ist leicht begreiflich, ja
es scheint fast, daß eben er beauftragt
worden sei. den beiden Damen nach»
zureisen. jedoch liegen über das Was
und Wie einer erhaltenen Instruction
keine Nachrichten vor; nur Eines steht
fest: daß Tapp sich die zur Fahrt nöthi«
qen Documente, Vollmachten und Geld
verschaffte und mit zwei vertrauten Be<
gleitern mittels Post auf der Linzerstraße
den beiden Damen nachfuhr. I n der
Station Strengberg holte er dieselben
auch ein, als sie eben das Mittags-
mahl im PostHause einnahmen. Nach
kurzer Zeit setzten die Damen ihre Reise
fort. Tapp that ein Gleiches und fuhr
ihnen wieder nach. Auf der nächsten
Post beim Pferdewechsel erbat sich Tapp.
nachdem er vorher mit dem Postmeister
Rücksprache gepflogen, von jener Dame,
welche die Mutter des mit dem jungen
Napoleon im gleichen Alter stehenden
Knaben war. eine kurze Privatunter»
redung. Diese erklärte sich gleich dazu
bereit und führte den kleinen Knaben
mit sich in die von dem Postmeister als
Sprechzimmer eingeräumte Familien,
stube. Was nun T. mit der Dame ver«
handelte, ist nie bekannt geworden, aber
die Folge dieser Unterredung war eine
genaue Untersuchung deS ganzen Reise»
gepackes der Damen und ihres Wagens,
v. Würzbach, biogr, Lerikon. XI>III. ^G? und da fand sich denn: daß die Rück.
wand desselben einen hohlen Raum
faßte. In diesem war ein höchst ge«
schmackvoller und seinem Zwecke in Allem
entsprechender Kinderschlafstuhl ange-
bracht, in dem der kleine Napoleon
an der Seite einer kleinen Wärterin, von
Spielzeug und Confitüren umgeben, auf-
gefunden wurde. DaS Acht fiel in diesen
Raum durch das wie in allen Wagen
über der Kopfhöhe der sitzenden Paffa«
giere angebrachte Fensterchen, der Luft«
wechsel aber war mittels mehrerer durch
Quasten, Spangen und andere Zieraten
von außen verdeckten Ventilationslöcher
hergestellt. Die ganze Reisegesellschaft
kehrte nun — der verfolgte Theil freilich
unfreiwillig — nach Schönbrunn zurück.
In einiger Zeit aber reisten die erwähn,
ten Damen unter Begleitung wirklich
nach Frankreich ab. Wir überlassen
den Politikern, zu erwägen, welches die
Folgen würden gewesen sein, wenn dieser
Raub deS jungen Nap oleon geglückt
wäre. Tapp erhielt aber als Lohn für
das Gelingen seiner Verfolgung von
Kaiser Franz I. eine Stelle bei einer
der Inspektionen der kaiserlichen Lust«
schlösser und war, als er, 8l Jahre alt,
starb, Inspector der k. k. Hofgebäude im
Augarten zu Wien. I n Folge eines
unglücklichen Sturzes von der Treppe, als
er seinen erkrankten Enkel, den Sohn
des Rittmeisters vonK 5 hler. im Pia>
ristenkloster in der WienerIosephstadt bc.
suchte, sand der sonst noch rüstige
Greis nach achttägigem furchtbaren Lei.
den einen schmerzlichen Tod. Tapp
war seiner Mildthätigkeit wegen allgemein
bekannt, die Armen verloren an ihm
einen warmen und treuen Helfer. In,
seinem Testamente verordnete er: , So
arm ich in die Welt gekommen, ebenso
arm will ich wieder dahingehen, ver»
dr. 14. März 18»i.) 3
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Tabacchi-Terkla, Band 43
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Tabacchi-Terkla
- Band
- 43
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1881
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 320
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon