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Tartini 503 Tartini
zweijährigen Aufenthaltes im Kloster
eine tiefsinnig aufgefaßte Abhandlung
über die Sacramente im glänzendsten
Style geschrieben haben, welche sich in
der Bibliothek der FranciScaner zu
Pistno vorgefunden hat und aus dem
Jahre 1719 stammt. Vielleicht würde
Tar t i n i noch lange in dieser klöster«
lichen Verborgenheit geblieben sein, wenn
er nicht wahrend eines Kirchenfestes, be
welchem er als Violinspieler milwirkte.
von einem Paduaner erkannt worden
wäre, der sich unter der Menge befand
und, von der herrlichen Kirchenmusik
Hingeriffen, nach dem Chöre blickend,
unter den Künstlern daselbst auch Tar
t in i sah. Bei seiner Ankunft in Padua
berichtete der Fremde seine. Entdeckung,
und nun meldete auch Tart ini 'S Frau
dem Gatten, daß der Cardinal ausge»
söhnt, ihrer Verbindung und seinem Auf»
enthalte in Padua nichts mehr im Wege
stehe, worauf der Flüchtling nicht langer
säumte, ;u seiner Gattin zurückzukehren.
Nicht lange danach erging von Venedig
eine Einladung an ihn, bei den Festen
mitzuwirken, welche von der Republik
dem damals dort verweilenden könig
lichen Kurprinzen von Sachsen zu Ehren
stattfinden sollten. Er reiste 1719 mit
seiner Frau dahin ab. Dort aber sollte
er eine besondere, freilich für sein ferneres
Leben einflußreiche Enttäuschung er-
fahren. Einer gleichen Einladung war
auch der berühmte Violinspieler F. M.
Verac in i gefolgt', und als Tar t in i
diesen dort. wie kurz zuvor den Vir«
tuosen ViScont ino zu Cremona,
spielen hörte, wurde er durch die neue
und verwegene Art deS Vortrages in
solches Staunen versetzt, daß er fein
eigenes Spiel, welches bisher von allen
Seiten Bewunderung gefunden hatte.
für völlig unzulänglich hielt und oe> schloß, mit seinen Studien von vorne zu
beginnen. Um denselben ungestört und
mit allem Eifer sich hingeben zu können,
schickte er seine Frau zu seinem in Pirano
lebenden Bruder, er selbst aber begab
fich nach Ancona. wo er auf daS emsigste
den Gebrauch deS Bogens studirte, ackt
Stunden täglich sich dem Violinspiel
widmete und sich alle Mühe gab. sein
Vorbild Veracini zu erreichen. W5H-
rend dieser Nebungen entdeckte er das
Mitklingen eineS tiefen Tones, wenn
zwei höhere consonirende angestrichen
werden, jenes Phänomen deS sogenann«
ten tuono t6l20, dessen Entdeckung aber
für einen deutschen Meister, für den
gräflich Reuß - P l a u e n'schen Hof.
und Staatsorganisten Georg Andreas
Sorge j^ siche die Quellen S. 109 j^ in
Anspruch genommen wird. Dieser tuono
tsrso ward nun in Tart in i'S Schule,
welche sich allmälig in Italien bildete,
die Grundregel aller musikalischen Zn>
sammenstimmung. Am 16. April 172l,
29 Jahre alt, wurde Tar t in i an der
St. AntonS-Capelle in Padua, die als
eine der besten Capellen ItalienS gall
und aus einem Personale von sechzehn
Sängern und vierundzwanzig Instru.
mentisten bestand, als erster Violonist
angestellt. Im Jahre 1723 folgte er
einer Einladung nach Prag, bei den
Musikfesten mitzuwirken, welche daselbst
aus Anlaß der Krönung deS Kaisers
Karl VI. zum Könige von Böhmen
stattfanden. Man muthmaßte in dem
Unfrieden seiner Ehe, da seine Frau nicht'
eben zu den Sanftmüthigen gehörte, die
Ursache zu feiner Neise nach Prag und
zu seinem dort erfolgten Eintritte in die
Dienste deS Grafen Franz Ferdinand
Kinsky sBd. XI , S. 288). welche
gleichzeitig auch sein vertrauter Freund,
der als Violoncellist bei der St. Antons»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Tabacchi-Terkla, Band 43
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Tabacchi-Terkla
- Band
- 43
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1881
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 320
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon