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Tauber. Caspar 129 Tauber. Hans
sammlung in Nürnberg energisch über das
gegen T a u b e r eingeschlagene Verfahren
beschwerte. Das machte den freisinnigen
Bürger nur noch muthiger, aber die Ver«
folger auch arglistiger. Diese erwirkten von
Erzherzog Ferdinand einen Befehl, wel«
chem zufolge Tauber als Ketzer in Haft
zu nehmen und auf dem Körnerthurme in
bürgerlichem Verwahrsam zu halten sei.
Damals gab es an der Wiener Hochschule
mehrere besonders gelehrte Männer, so den
Bischof von Wien Iobann von Revell is,
einen geborenen Burgunder, Doctor Ulrich
Kauf fmann. D. Faber aus Lindau
u. A. Mit allen diesen mußte er verschiedene
Unterredungen halten, wobei er immer bei
seinem Bekenntnisse beharrte. Obwohl ihn
keiner der gelehrten Herren eines Irrthums
überweisen konnte, so beschloß doch das
Ketzergericht nach herkömmlicher Inquisitoren«
praris, er müsse alle seine Lehrsätze in der
St. Stephanskircke vor öffentlicher Gemeinde
widerrufen und nach geschehenem Widerrufe
drei Sonntage aufeinander, nachdem er jeden
Freitag vorher in Brod und Wasser ge.
fastet und drei Arme gespeist, die ganze
Messe hindurch vor dem Thore der St. Ste«
phanskirche mit einem Stricke um den Hals,
unbedeckten Hauptes, barfuß und eine bren»
nende Kerze in der Hand. stehen, dann noch
ein ganzes Jahr in Haft bleiben und eine
ansehnliche Summe Geld zu Gunsten des
Türkenkrieges erlegen, alle Unkosten dieses
Verfahrens bestreiten und zeitlebens össent«
lich ein Kreuz, nach einer bestimmten für
diesen Fall angepaßten Form so tragen, daß
es von Jedermann gesehen werden könne.
Auch sollte er noch bezüglich seines Wider-
rufes ein bestimmtes Formular unterschreiben.
Er unterschrieb dasselbe mit einem gewissen
Vorbehalt, und die Inquisitoren ließen es
im vorhinein durch den Druck veröffentlichen.
Am 8. September, am Festtage Mariä Geburt
1324 aber sollte der feierliche, den Bürger
Tauber für sein Leben entehrende Bekennt«
niß» und Widerrufsact stattfinden. Aber die
Inquisitoren hatten sich in dem Manne ver-
rechnet. Als er auS seinem Gefängnisse auf
den St. Stephanskirchhof gebracht, auf
den dort bereit gehaltenen Predigtstuhl
gestellt und ihm bedeutet wurde, seinen bis«
herigcn Glauben öffentlich zu widerrufen,
that er nicht nur nicht das Verlangte, son«
dern erhob Beschwerde wider die Ketzer«
richter, erklärte offen, daß man ihn auch!
v. Nurzbach. biogr. Lerilon.XI.III. ^ nicht eines Irrthums geziehen, er also gar
nichts zu widerrufen habe, und verlangte,
vor unparteiische Richter gestellt zu werden,
worüber er an das h. römische Reich appel.
lire. Die Ketzerrichter hatten nun nichts
Eiligeres zu thun. als ihn vom Predigtstuhl
herabsteigen und rasch ins Gefängniß zurück»
führen zu lassen. Nun aber war es um ihn
geschehen. Als hartnäckiger Ketzer sollte er
der weltlichen Obrigkeit überliefert und sofort
zum Tode oerurtheilt werden. So brachte
man ihn am 10. September ins Augustiner»
kloster. wo er in Gegenwart der Inquisi«
toren und des Rathes der Stadt Wien ohne
Verhör als Ketzer für verdammt erklärt
wurde. Diese Verurtheilung erfolgte in latei«
nischer Sprache, welche die anwesenden Wiener
Bürger gar nicht verstanden. Tauber war
seinem Geschicke verfallen. Der Stadtrichter
nahm ihn in seine Gewalt, legte ihm Ketten
an und brachte ihn ins Schergenhaus. Noch
versuchten es die Patres, ihn zu bekehren.
Aber er erklärte, das, woran er glaube, mit
seinem Tode bekräftigen zu wollen. Da man
doch Gegenschritte fürchtete, wutde er am
17. September 1324 zeitig in der Früh in
einen Wagen gesetzt und unter Begleitung
eines Geistlichen und deS Henkers nebst
einigen Schergen h e i m l i c h hinter der
Stadtmauer zum Stubenthor hinaus auf
den Gries gebracht. Allen neuen Aufforde-
rungen, zu widerrufen, zu beichten, stellte
er entschiedene Weigerung entgegen. „Meine
Seele habe ich schon versorgt und wenn ich
noch achtzigtausend Seelen hätte, so wären
sie heut? alle durch diesen meinen Glauben
zu Gott versorgt. Gott, ich sage dir Dank.
daß du mich Unwürdigen erwählt, um deines
göttlichen Wortes willen zu sterben". Nach-
dem er dies gesprochen, machte er mit dein
rechten Fuße — denn er war gebunden —
vor sich auf der Erde ein Kreuz und indem
er noch dreimal laut mit freudiger Stimme
ausrief: „Herr Jesu Christe, in deine Hände
befehle ich meinen Geist", empfing er den
Schwertstreich, der das Haupt von seinem
Körper trennte. Dann wurde beides, Haupt
und Körper, auf einem neben dem Richt»
platze hergestellten Scheiterhaufen verbrannt.
^Rauvach (Bernhard), EvangelischesOester»
reich. I. Theil. S. 13 u. f.) — 2. Ein
Hans Tauber, seines Zeichens Wein,
Händler auS Meran, trat erst in neuerer
Zeit in den Vordergrund. Er stellte sich
keine geringere Aufgabe, nls die Vorurtheile.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Tabacchi-Terkla, Band 43
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Tabacchi-Terkla
- Band
- 43
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1881
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 320
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon