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Tausenau 130 Kausenau
die ihnen angewiesenen Plätze. Etwa
Siebenzig an Zahl, verfügten sie sich in
das „Cafs National" (Grünsteidel) am
Eck der Herren« und Schauflergaffe, wo
Tausenau durch Zuruf zum Vorsitzen«
den gewählt und zugleich mit Kapp er,
Niederhuber, Uhl und Zang mit
der Abfassung des Protestes betraut
wurde. Dann beriefen sie auf den
28. September eine Versammlung bei
Sper l ein, auf der sich das sogenannte
Journalisten«Parlament bildete, in wel<
chem ein Ausschuß gewählt wurde, der
zunächst mit dem Bureau des constitui.
renden Reichstages wegen eines Aus»
gleichs in dieser Angelegenheit in Ver»
Handlung treten sollte. Von den 73 an»
wesenden Journalisten fiel die Wahl in
erster Linie wieder auf Tausenau.
dann auf Kuranda, Zang und
Becher. Aber das Journalisten«
Parlament war ein todtgebornes Kind,
kaum entstanden, zerfiel es auch. I n
der vierten Sitzung am 30. Sep«
tember sprangen die Reporters in sehr
erregter Stimmung auf die Stühle, von
diesen auf die Tische, und von da setzte
Einer nach dem Anderen zur Thüre
hinaus, um nicht wieder — zil kommen.
Vorsitzender Tausenau verließ einer
der Letzten die Stelle des Kampfes.
Mit dem 62prit äs oorps im (Üorps
H/65V5it — wie H e l f e r t treffend
schreibt — hatte eS ein Ende. Um so
größere Thätigkeit entfaltete nun der
Agitator im „Radicalen", der jetzt in
voller Giftblüte stand, und in dem seit
3. Juli erscheinenden von Löbenstein
redigirten „Unparteiischen", der mit
Nr. 33 den Titel: .Wiener allgemeine
Zeitung" annahm. Während der ent«
setzlicken Kämpfe am 6. und den nächst,
folgenden Tagen ließ Taufen au nichts
von sich sehen und hören, obwohl er sich in Wien befand. Erst am 12. October
kam cr wieder zum Vorschein, denn an
diesem und am folgenden Tage hielt er
mi tB lum zusammen in der Aula seine
fulminantesten Reden. Damit ist die An-
gäbe m Eberl ing's Schrift: „Mosaik.
Kleine Schriften zur Geschichte und Lite«
ratur" (Leipzig 1867, Purfürst), daß
Tausenau sich saloirte, widerlegt.
Erst nach dem 43. October verließ der«
felbe Wien und tauchte am l3. d. M. in
Pesth auf. an welchem Tage er auf dem
Museumsplatze daselbst eine Volks.
Versammlung hielt, welche wohl an
i0.000—t2.000Menschen gezählt haben
mochte. I n seinem in deutscher Sprache
gehaltenen Vortrage behandelte er die
österreichische Politik gegen Ungarn.
Während der Stunde, welche er Schmä.
hung über Schmähung auf Oester»
reich häufend, sprach, jubelte ihm das
Volk frenetisch zu, und nachdem er
geendet, trug es ihn auf den Schultern
von den Stufen des Museumgebäudes
zur breiten Hauptstraße der Stadt hinab.
Während der NachmittagSsitzung. welche
am folgenden Tage das Repräsentanten«
haus hielt, wurde er von Ba logh in
den Saal geführt und den übrigen Mit«
gliedern vorgestellt, welche ihn als
Deutschen mit Jubel empfingen und
einluden, unter den Mitgliedern der
Linken Platz zu nehmen. Mit diesem mit
der Ehre eineS jeden Parlaments unver»
einbaren Vorgange steht das ungarische
in der Geschichte deg Parlamentarismus
allein da. Am nächstfolgenden Mittag
reiste Tausenau mit Kossuth, der
sich ins Donaulager begab, von Pesth
ab. I n Gran trennte er sich von seinem
Begleiter, um nach Wien zurückzu-
kehren. Als er aber die Unmöglichkeit
einsah, sein Vorhaben auszuführen, trieb
er sich 14 Tage im ungarischen Lager
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Tabacchi-Terkla, Band 43
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Tabacchi-Terkla
- Band
- 43
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1881
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 320
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon