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Tettenborn Tettenborn
unabhängig genug, um jetzt nicht für!
jenen Mann zu kämpfen, gegen den er
bisher immer gestritten, und nahm im
Frühjahr 18i2 seine Entlassung aus der
österreichischen Armee, um in die russische
zu treten, wo er, bekannt von seinem
Aufenthalt in St. Petersburg, mit offenen
Armen aufgenommen wurde. Wir haben
bisher Tettenborn's Lebensabschnitte
ausführlicher geschildert, da sie sämmtlich
Momente der österreichischen Kriegs-
geschichte bilden, nun da der Held in
fremden Verhältnissen thätig ist, wollen
wir sein übriges Leben im allgemeinen
Umrisse zusammenfassen. Im russischen
Heere als Oberstlieutenant angestellt,
diente er zunächst unter dem Oberbefehl
des Generals Kutusoff, der seine Ab»
neigung, die er gegen alle Fremden im
russischen Dienste hegte, Tettenborn
gegenüber bald überwand, nachdem meh-
rere Gefechte vorgefallen waren, in denen
derselbe wie bisher seine Bravour und
Umsicht bewährt hatte. Nach dem Abzug
der Franzosen aus Moskau erhielt er
Befehl, mit einem stiegenden Corps dem
Feinde allen möglichen Abbruch zu thun.
Er vollführte den Auftrag mit glänzen'
hen Erfolgen, wie seine Gefechte bei dem
Bache Pliffe, bei Lepel, bei Kobelnitzki
und Umgebung und über alles seine Ein»
nähme Wilna's beweisen, bei welcher die
Franzosen 48 Kanonen, 7 Fahnen,
6000 Gefangene, die 24.000 Kranken
ungerechnet, verloren. Zum Oberst vor-
gerückt, stand er unter dem Oberbefehl
des Generals W i t t gens te i n . Sein
Uebergang bei Wrietzen, die Überrum-
pelung Berlins, wo Augereau mit mehr
denn 8000 Mann stand, die, wenn im
Ganzen auch fehlgeschlagen, doch immer
einer der glänzendsten Reiterzüge bleibt,
sind neue Lorbeerblätter in seinem Ruhmes»
kränze. Bei dem Vordringen der Russen ins Innere Deutschlands hatte sich deren
Aufmerksamkeit längst auf Hamburg ge»
richtet, wo die Franzosen mit empörender
Willkür schalteten und walteten. Zu dem
Zuge dahin wurde Oberst Tettenborn
ausersehen, der ihn mit einem erlesenen
Corps von Kosaken, Dragonern, Husza-
ren und zwei Stück leichten Geschützes
ausführte. Am 44. März 1813 traf er in
Ludwigslust ein, ain 17. März lieferte
er dem französischen General Morand ,
welcher mit dritthalbtausend Mann und
16 Geschützen den französischen Macht-
habern in Hamburg zu Hilfe eilte, ein
Gefecht, in welchem er ihm sechs Geschütze
abnahm und ihn zu eiligstem Rückzüge
zwang, und am 18. März hielt er seinen
feierlichen Einzug in die Stadt, allgemein
als Retter begrüßt, dessen Namen nun
weit und breit in den benachbarten Län-
dern erklang und bis über das Meer
hinüberschallte. Die „Leipziger Illustrirte
Zeitung" vom 21. März 1863 >M.X^,
Nr. 1029^j feiert S. 193 den fünfzigsten
Jahrestag dieses geschichtlichen Ereig-
nisses durch eine ausführliche Schilderung
desselben, welche sie mit einem Bilde, das
den Einzug Tettenborn' s in Hamburg
darstellt, illustrirt. I n der Hansestadt
harrten seiner die wichtigsten und schwie»
rigsten Geschäfte. Mit diplomatischer Um«
sicht und soldatischer Energie löste er alle
Aufgaben, stellte die alte Regierungsform
her, errichtete die hanseatische Legion,
hielt den Muth der Bürger, als die
Franzosen sich mit verstärkter Macht in
Hamburg festsehten, in allen bedenklichen
Lagen aufrecht, stellte sich dem General
Van dämme, als dieser die Stadt zu be.
schießen begann, entschlossen entgegen.
Aber das unsichere Verhalten der Schwe»
den und der Dänen, die bald Hilfe leiste-
ten, bald sie zurückzogen, bald Feind,
bald Freund spielten, die Erschöpfung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Terlago-Thürmer, Band 44
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Terlago-Thürmer
- Band
- 44
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1882
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 360
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon