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Tiha. Colomai! 184 Coloman
Gemeinschaft mit Ghyczy, der das
Begrüßungstelegramm an den unver»
befferlichen Hochverräther in London ver?
faßt und abgesendet hatte. So gingen
die Geschäfte nicht vorwärts, und die
kraft des Ausgleichs bestehende Regie-
«rung mochte mit einer Partei, welche ihr
Usurpation vorwarf und jedes Recht zur
Handhabung der öffentlichen Gewalten
absprach, dabei ungesetzliche Acte selbst
vornahm, begreiflicher Weise in keinen
Verkehr treten. Nur Einer stand über
diesem Hader der Parteien: der König.
Im Sommer 1874 war es der König,
der sich selbst die Ueberzeugung ver-
schaffen wollte, ob denn nicht ein Einver«
nehmen mit der Linken zu erzielen wäre.
Ghyczy und Tisza, die beiden Führer
der Opposition, wurden zur Audienz be-
rufen, und wahrend Letzterer an seinen
Anschauungen festhielt, erachtete doch
Ersterer die wirthschaftliche Lage jetzt für
dringlicher als die staatsrechtliche, und
indem er seine Stellung in der Linken
sich vorbehielt, erklärte er, die.Verfaffungs-
angelegenheiten einstweilen bei Seite
setzen zu wollen, um für seinen Theil zur
Rettung des Vaterlandes beizutragen.
So entstand das Ministerium Bitt^»,
in welchem Ghyc;y die Finanzen über-
nahm. Tisza blieb nach wie vor Führer
der Opposition. Aber auch Ghyczy
wußte für die dringenden Verlegenheiten
keine andere Abhilfe als wieder ein neues
Anlehen und noch höhere Steuern, frei»
lich in der Absicht, mit diesen Mitteln
besser hauszuhalten als seine Vorgänger,
um allmalig das Gleichgewicht wieder
herzustellen. Nun stand T i sza unter
G hyczy's Widersachern in erster Reihe,
gab aber die auffällige Erklärung ab,
daß man der jetzigen Lage gegenüber den
Widerspruch gegen den Ausgleich als
bloße Verwahrung eines Princips auf> fassen könne. Auf diese Weise verlor
der Gegensatz zwischen Beschluß- und
Adreßpartei an praktischer Bedeu«
tung, eine neue Gruppirung konnte sich
vollziehen, und da Tisza bereits in seiner
Schrift I ^^a^«7n,67i/z/s/e/os /co?-?NK?iH,
6s ?n6^ez 7-67^^6?-"-, d. i. Parlamen-
tarische verantwortliche Regierung und
Comitatssystem (Pesth 1863, Mor. Räth,
8".), sein Regierungsprogramm aufgestellt
hatte, so machte das Ministerium Bit to,
das seit 21. März 1874 am Ruder war,
am 2. März 1873 dem Ministerium
Wenckheim Platz, in welchem Tisza
selbst das Innere übernahm. Als dann im
October 1875 Bela Freiherr von Wenck-
heim auf seinen früheren Posten eines
Ministers am kaiserlichen Hoflager in
Wien zurückkehrte, während Julius Graf
Andrässy als Beust's Nachfolger be-
reits seit 14. November 1871 die Würde
eines Ministers des kaiserlichen Hauses
und des Aeußern und des Vorsitzenden
des gemeinsamen Ministerrathes beklei«
dete, legte Tisza am 21. October 1875
als Minister'Präsident den Eid in die
Hände des Kaisers nieder. Am 24. Oc-
tober 1878 erbat das ganze ungarische
Ministerium wegen Nichtlösung der Bank«
frage seine Entlassung, welche auch vom
Könige mit der Weisung angenommen
wurde, daß dasselbe mit der Fortführung
der Geschäfte bis zur Ernennung eines
neuen Ministeriums betraut bleibe. Am
3. December 1878 trat Tisza von
Neuem als ungarischer Minister-Präsident
an die Spitze der Geschäfte, und von den
früheren Ministern übernahmen Pauler
die Justiz, Trefor t Cultus und Unter-
richt, Szende die Zandesvertheidi»
gung, Pöchy Communication und öffent»
liche Arbeiten, mu gelangten ins Eabinet
Julius Graf Szapäry als Finanz»
minister, Gabriel Baron Kemäny als
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Thugut-Török, Band 45
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Thugut-Török
- Band
- 45
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1882
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 324
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon