Seite - 218 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Thugut-Török, Band 45
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zehn Jahren trat er in die lateinische
Schule und wurde bis zum Abschlüsse
des theologischen Studiums von seinem
bemittelten Vater mit allem Nöthigen
reichlich bedacht, so daß er sich nie in die
Nothwendigkeit versetzt sah, von der Musik
seinen Erwerb oder eine Aushilfe suchen
zu müssen. Diese Kunst diente ihm nur in
seinen Mußestunden zur Erholung und
zum Vergnügen. Schon in den Gram
maticalclassen rief er an allen Ferial
tagen jene Studirenden, welche einige
Kenntnisse in der Musik besaßen, zu-
sammen, richtete, wie sich eben die Ge-
legenheit darbot, die entsprechenden Auf-
führungen ein, unterwies dabei die
Schwächeren, damit das Ganze um so
mehr gelänge, und verschaffte dadurch
den Stadtbewohnern manche angenehme
Stunde, infolgedessen dieselben Tobia-
schek's Vorhaben auch bestens unter-
stützten. Als er später die Humanitäts-
classen zu Leitomischl besuchte, bot sich
ihm für seine Bemühungen schon ein
weiteres Feld dar. Er traf daselbst mit
so vielen musikkundigen Studenten zu-
sammen, daß unter seiner Leitung bei
Gelegenheitsfesten mit vollständigem Or-
chester Symphonien und andere Ton-
stücke von Mozart , Haydn, Beet-
hoven, wie auch in der Kirche große
classische Messen aufgeführt werden könn»
ten. Als Hörer der Philosophie, fünfzehn
Jahre alt, brachte er mit seinen Studien»
genossen eine noch größere und schon
geschlossene musikalische Gesellschaft zu-
sammen, der er als Capellmeister vor-
stand, und mit welcher er alle Kirchen-,
Kammer- und Harmoniemusiken auf-
führte. Der Durchmarsch so vieler und
verschiedener Regimenter im Kriegsjahre
1809 bot ihm auch Gelegenheit, deren
Marsche, die er bei einmaligem Hören
sofort im Gedächtnisse behielt, selbst auf der Stelle zu instrumentiren, mit seinen
Genossen einzustudiren und noch den-
selben Tag, an welchem er sie gehört,
öffentlich aufzuführen. Die Militärkapell-
meister und Ofsiciere konnten es nie
begreifen, wie die Studirenden in den
Besitz der ganz neuen Regimentsmärsche
gelangt waren. Als dann Tobiaschek
zu Königgrätz den theologischen Studien
oblag, beschäftigte er sich meist mit Kirchen-
musik und veranstaltete auch wöchentlich
ein Instrumentalquartett. I n dieser Zeit
wurde er mit dem Tonsetzer Fr. Volkert,
welcher Capellmeister an der dortigen
Kathedralkirche war, bekannt und ver-
vollkommnete in dessen Umgang seine
musikalische Ausbildung, namentlich im
reineren Satze und in der Instrumen-
tirung. Da er nach beendetem Studium
der Theologie, erst 2i Jahre alt, noch
nicht die höheren geistlichen Weihen
empfangen konnte und also noch zwei-
einhalb Jahr zuwarten mußte, begab er
sich indessen nach Wien, wo er die Rechte
ftudirte und in seinen freien Augenblicken
bei Capellmeister Sal ier i ^Bd. XXVII l,
S. 97^ Unterricht in der Tonsetzkunst
nahm, wie er auch die Vorträge Kiese-
wetter's j M . XI , S. 252^ über da5
System der Grundharmonie hörte. Durch
eifriges Studium mehrerer classischer theo«
retischer Werke bereicherte er noch mehr
seine musikalischen Kenntnisse. In der
Ausübung aber dienten ihm vorzugs-
weise Mozart, Michael und Joseph
Haydn zum Vorbilde. Als in Wien die
Gesellschaft der Musikfreunde des öster-
reichischen Kaiserstaates ins Leben trat,
wurde er gleich anfangs als ausüben-
des Mitglied im Gesänge aufgenommen.
Nachdem er nun dön Gedanken, Priester
zu werden, aufgegeben, kam er nach
vollendeten Rechtsstudien als Lehrer und
Erzieher in die Familie des Grafen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Thugut-Török, Band 45
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Thugut-Török
- Band
- 45
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1882
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 324
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon