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Kokoly, Emmerich 234 ) Helcne
den Prinzen August von Hannover bei Teres,
wo dieser auch den Tod fand. zog sich aber
der ungünstigen Witterung wegen bald wieder
in die Walachei zurück. Nach dem Verluste
der Schlacht bei Salankemen am 19. August
1691, in welcher er die türkische Reiterei
befehligte, wäre er in Belgrad von dem
wüthenden Pöbel, der ihn für einen Verräther
hielt, fast ermordet worden. Auch an allen
folgenden Kämpfen der Pforte gegen Oester
reich nahm Tököly Theil, aber seine Truppen
schmolzen immer mehr zusammen, und da er
vom Podagra gequält, kein Pferd besteigen
konnte, machte er seine Kriegszüge zu Wagen
mit. Indeß war sein Einfluß auf den Sultan
immer noch bedeutend. Als dann Mu»
stapha I I . , der 1695 den Thron bestieg,
mit einem zahlreichen Heere auftrat und einige
Eroberungen machte, erhielt Tököly's Hoss>
nung neue Nahrung, wurde aber schon durch
die Schlacht bei Zenta am 1l. September
169? vernichtet. Er befand sich mit dem
Sultan bei derjenigen Abtheilung des Heeres,
welche die Theiß überschritten hatte, und ent<
floh mit ihm in die Türkei. Obwohl er Alles
aufbot, um den Abschluß des Friedens zwischen
der Pforte und Oesterreich zu verhindern, so
kam dieser doch am <1. September zu Stande.
Von Tököly war in dem Frkeoenstractat
keine Rede, der neunte und zehnte Artikel
forderten aber, daß den Rebellen, die als
Räuber anzusehen und zu bestrafen seien,
durchaus kein Zufluchtsort in Ungarn gestattet
werde. Deshalb blieb er mit seinen Anhängern,
etwa 1400 Familien, in der Türkei. Nachdem
er im Jahre 1698 den letzten Versuch, die
Ungarn zu' seinen Gunsten aufzuregen, ohne
Erfolg gemacht hatte, lebte er mit seiner
Gemalin, welche am 8. Februar 1703 im
Alter von 60 Jahren starb, abwechselnd zu
Constantinovel und Galatha, ohne an den
Unruhen, die sein Stiefsohn Franz R<<«
kaczy I I . erregte, sich zu betheiligen. Bereits
seit 1693 war ihm von dem Sultan eine
ansehnliche Pension gewahrt worden, dazu
erhielt er 1698 mehrere Güter und den Titel
eines Grafen von Wiodin. Er starb am
13. September 1703 auf dem Landgute Asmid
bei Nikodemien in Kleinasien, wo er zuletzt,
wie Einige wissen wollen, sehr kümmerlich
gelebt haben soll. Mit einem schönen Aeußern
und einem sehr einnehmenden Betragen v?r«
band er einen hllhen Muth, scharfe Beur»
theilungskraft. gereifte Einsicht und eine
Geistesgegenwart, die ihn nie verließ. Hinter seinen zur Schau getragenen Plänen verbarg
er immer einen versteckten und that dann
etwas, wessen sich weder der Sultan noch
seine nächste Umgebung versah. Gin Rebell
gegen Kaiser und König, versuchte er Ungarns
Unabhängigkeit mit Hilfe der Türken zu er-
kämpfen, ohne zu bedenken, daß es dann nur
ein Vasallenstaat der Türkei geworden wäre,
da es ja unfähig war, ist und bleiben wird,
auf eigenen Füßen zu stehen. Aber wenn ihm
auch sein Plan nicht gelang, das Verdienst,
Ungarns alte Verfassung wieder hergestellt zu
haben, bleibt ihm unbenommen. Mit Emme-
rich erlosch das Geschlecht dcr Tököly von
Käs mark, das ein Jahrhundert hindurch
gleich einem feurigen Meteor am Horizonte
ungarischer Magnatenmacht und Herrlichkeit
unheimlich genug geglänzt, das durch seine
Verbindung mit dem Erbfeind der Christen«
heir, dein Türken, nicht blos Oesterreich, son-
dern Europa geängstigt hatte, aber wie das
Geschlecht aus unreinen Elementen, aus dem
Schoose eines Noßtauschers hervorgegangen,
so ging es in abenteuerlicher Schmach unter,
indem der Letzte seines Stammes ein Bettelkost'
ganger der Moslems wurde. — 5. Emmerich
Tököly's mehrerwähnte Gemalm Helene
oder wie sie ungarisch heißt, I l ona . Witwe
Franz Niiköczy's I-, war als Tochter des
wegen Hochverrathes enthaupteten Grafen
Zr iny i wohl von nicht zu unterschätzendem
Einfluß auf ihren Gatten, den sie mit der
ganzen Energie ihres Geistes in seinen feind»
seligen Unternehmungen gegen Oesterreich
nicht nur förderte, sondern immer wieder von
Neuem aufstachelte. Sie war es, welche, wäh«
rend ihr Gatte in (5onstantinopel gefangen
gehalten wurde, in der Festung Munkäcs,
dem wichtigsten Punkte der Tököly'schm
Partei, den hartnäckigsten Widerstand leistete.
Mit Energie und Umsicht vertheidigte sie
diese letzte Stütze ihres Gemals. Drei Jahre
hielt sie, die Belagerung aus, allen Drohungen
des kaiserlichen Generals Caraffa Hohn
entgegensetzend. Da kam ihr eines Tages ein
Brief ihres Gatten ;u, welcher ihr riech, die
Verwendung des Papstes zu erbitten, selbst
seinen Uebertritt zur katholischen Religion —
Tököly war Protestant — zu versprechen,
wenn dadurch angemessene Bedingungen zu
erlangen seien. Der Brief war in Chiffern
geschrieben, welche Helene nicht kannte, sie
übergab denselben daher ihrem Vertrauten
Absalon Zur Entzifferung. Dieser aber.
selbst ein eifriger Protestant, entsetzte sich über
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Thugut-Török, Band 45
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Thugut-Török
- Band
- 45
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1882
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 324
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon