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Töpfer, Karl 238 Töpfer, Karl
war es West selbst, der sich theilnahms-
voll dem jungen Künstler zuwandte und
ihn durch tüchtige Unterweisung förderte,
aber auch, als er deFen schriftstellerisches
Talent erkannte, ihn zur weiteren Aus.
bildung desselben ermunterte. So ver-
suchte sich Töp fe r zunächst mit Ent-
würfen kleiner Stücke, welche West
begutachtete, und als dieser darüber bei-
fällig sich äußerte, bald auch mit größeren
Arbeiten. Gleich das erste größere Werk
erzielte durchschlagenden Erfolg, es
war .Hermann und Dorothea", nach
Goethe's gleichnamigem Epos. Er
hatte es in den letzten Monaten des
Jahres 4849 geschrieben, und schon im
Februar 1820 gelangte es zur Auf-
führung. Obwohl er damals noch am
Burgtheater wirkte, spielte er doch selbst
keine Rolle in seinem Stücke, um durch
genaue Uebenvachung der Scenirung den
Gang des Ganzen und Erfolg sorgfältig
und unbehindert beobachten zu können.
Der alte Eckardt, genannt Koch, und
Frau von Weißenthu rn spielten das
Eltempaar. Ebenso gut wie diese beiden
Rollen waren auch die übrigen besetzt.
Der ersten Aufführung wohnten Kaiser
Franz, die Kaiserin, alle Erzherzoge
und der ganze Hofstaat bei. Der Erfolg
war ein glänzender, alle Darsteller
wurden gerufen, und am Schlüsse auch
der Verfasser. Die Direction hatte
der technischen Ausstattung besondere
Aufmerksamkeit zugewendet, Ritter von
Stubenrauch die Figurinen behufs der
Costume gezeichnet und die Anfertigung
der Decorationen auf das sorgfältigste
geleitet. Von den Logen aus konnte
man in dem Brunnen wirklich das Bild
Dorotheas und des hinter ihr stehenden
Hermann sehen, ein Effect, der durch
einen mit Gaze bedeckten Spiegel hervor»
gebracht wurde, und als die hinter den mit weißen Aehren bedeckten Hügeln
untergehende Sonne die in Hermanns
Arme gesunkene Jungfrau mit goldigem
Schimmer der Abendröthe übergoß, war
die Wirkung eine wundervolle. Mit
stummem Entzücken schaute das Publicum
secundenlang die durch die Kunst hervor-
gezauberte Natur und brach dann in
einen Beifallssturm aus, der nicht enden
wollte. Nach dem glänzenden Erfolge
des Stückes in Wien richtete der Ver-
fasser sein Augenmerk auf Weimar, wo
er unter Goethe's Augen sein Stück
aufgeführt zu sehen wünschte. Er sandte
dem Regisseur Genast das Manuscript
zu, ihm dasselbe warm ans Herz legend,
zugleich aber bemerkend, daß nur dann
eine Aufführung stattfinden dürfe, wenn
Goethe selbst seine Zustimmung er-
theile. Wider Erwarten schnell kam
die Antwort von Genast, welcher
Goethe's volle Befriedigung über die
gelungene Dramatisirung des Idylls mit-
theilte, zugleich des Dichterfürsten eigene
Worte berichtend: „Schreiben Sie dem
Verfasser", sagte dieser, ,das sei sehr ge-
schickt gemacht. Hätte ich gefunden, daß
in dem einfachen Idyll solche Theater-
wirkung stecke, so wäre die dramatische
Bearbeitung von mir seibst unternommen
worden. Uebrigens ist es mir lieb, wenn
das Stück überall gegeben wird, da es
die Quelle angibt, so wird man aus Neu>
gier nach meinem Gedichte, das bis jetzt
wenig populär geworden ist, greifen.
Sagen Sie aber auch dem Verfasser, daß
er es mit den Abschriften etwas zu leicht
nähme; er liest sie gar nicht durch —
in dem Exemplar fehlt eine ganze Zeile,
wodurch der Sinn in Unsinn verkehrt
wird — ich habe aber die Zeile hinein-
gedichtet". Auch in Weimar hatte das
Werk vollen Erfolg, und nun wanderte
es von Theater zu Theater. I n Wien
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Thugut-Török, Band 45
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Thugut-Török
- Band
- 45
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1882
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 324
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon