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Tommaseo, Nicolo 98 Nicolo
anderen Provinzen der Monarchie auch
in Lombardo-Venetien mit großer Will-
kür und Strenge gehandhabt wurde.
Die Antwort auf diese Petition war,
daß Tommaseo, den die Polizei
schon längst unter den meist Verdächtigen
scharf beobachtete, zugleich mit Man in
am 18. Jänner 1848 verhaftet ward.
Als dann wenige Wochen später die Be-
wegung allgemein ausbrach und in Ve-
nedig Alois Graf Palf fy M . XXI,
S/208, Nr. 1^> und Graf Zichy nicht den
Muth besaßen, die Revolte mit Waffen-
gewalt niederzuhalten, wurden Manin
und Tommaseo am 17. März vom Volke
gewaltsam aus der Haft befreit, und als
am 22. März Beide die Republik aus
riefen, zu Mitgliedern der provisorischen
Regierung erwählt. Im August unter
Manin's Directorium zum Unterrichts
und Cultusminister ernannt, entwickelte
Tommaseo in dieser Eigenschaft große
Rührigkeit, aber zweimal nach Paris ge-
schickt, suchte er daselbst jedesmal ver-
geblich die Unterstützung der damaligen
republicanischen Regierung nach. Als
dann im August 1849 die Kapitulation
Venedigs erfolgte, entkam er noch vor
dem Einzüge der Oesterreicher nach Eorfu,
wo er bis zu Anfang des Jahres 1834
lebte und das Unglück hatte, halb zu er-
blinden. Von Corfu übersiedelte er nach
Turin; einen Lehrstuhl an der Univer-
sität daselbst schlug er aus, wie auch
andere Aemter, welche man ihm an-
trug. Nach fünfjährigem Aufenthalte in
Turin nahm er 4839 seinen bleibenden
Wohnsitz in Florenz, wo er sich bis an
sein Lebensende mit wissenschaftlichen,
vornehmlich sprachlichen Studien be>
schäftigte und einige Werke schuf, die
seinem Namen in der Geschichte der
Wissenschaften, besonders der Literatur
seines nunmehr geeinigten Vaterlandes eine bleibende Stelle sichern. Als im
Jahre 1862 zwischen zwei dalmatinischen
Organen, der slavisch gesinnten ,,^t io-
" und der zu Italien hinneigenden
lainiHtiog.^ Tommaseo's
wegen eine heftige Polemik politischer
Natur ausbrach, führte dieselbe zu dem
Resultate, daß das Municipium von
Zara, an den in der Verbannung
lebenden halberblindeten Gelehrten er-
innert, bei Seiner Majestät nicht ver-
geblich um die Erlaubniß zur straflosen
Rückkehr des Greises petitionirte. Er
aber mochte diese Erlaubniß doch zunächst
darum nicht benutzen, weil ihm die
reichen wissenschaftlichen Schätze der
Arnostadt für seine Arbeiten Materialien
boten, welche er in seinem Vaterlande
vergebens gesucht hätte. Er starb im
Alter von 71 Jahren, kurze Zeit nach
dem Tode seiner Frau, die er, wenn
Herausgeber nicht irrt, erst in späteren
Jahren geheiratet hatte. Man feierte das
Andenken des Verblichenen in wahrhaft
ostentativer Weise. Die Leichenfeier in
Turin hielt der Bischof von Ivrea ab,
während die Leichenrede Monsignor Ber-
nard i sprach; in Sebenico und in
Trieft celebrirten die Bischöfe beider
Städte das Todtenamt, in Settignano
der Erzbischof von Zara. Auf dem Grabe
Tommaseo's wurde ein schönes vom
Meißel Vincenzo Consani's ausge-
führtes Denkmal errichtet. Außerdem be-
schloß die Errichtung eines Denkmals
seine Vaterstadt Sebenico, sowie Venedig,
der Ort seiner hervorragenden politischen
Thätigkeit. I n letzterem fand die Ent-
hüllung des Monumentes auch im Laufe
dieses Jahres statt. Tommaseo war
für sein Vaterland von großer, weittra-
gender Bedeutung, die Jugend schwärmte
für ihn, und in der That gehört er nicht
nur zu den thätigsten und vielseitigsten,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Toffoli-Traubenburg, Band 46
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Toffoli-Traubenburg
- Band
- 46
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1882
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 330
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon