Seite - 41 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47
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Trautl'on, Iolmnn Iosepki Trautssn, Johann Joseph
im Auge, legte alle aus dem Zw''espalt
derselben mit jenen des Staates entsprin-
genden Streitigkeiten im milden Sinne
des heiligen Stifters der Kirche bei und
erließ zur Aufrechthaltung der kirchlichen
Zucht und Ordnung viele weise Gesetze
und Anordnungen. Viel noch würde der
fromme, auf das Wohl der Gläubigen
sorgfältig bedachte Prälat in dieser Rich-
tung gewirkt haben, wäre er nicht zu
böberen Zwecken ausersehen gewesen.
Der alternde Erzbischof von Wien Sig-
mund Graf K o l l o n i t z sBd. XI I ,
S. 363^ bedürfte zur Waltung seines
hohen Amtes der Aushilfe, und es siel
seine Wahl auf den Prälaten Traut-
son. Dieser, der sich m seinem Wirkungs-
kreise nicht nach höheren Ehren sehnte,
lehnte anfangs jedes Anerbieten ent--
schieden ab und fügte sich erst nach
wiederholten dringenden Anträgen, die
Würden eines Coadjutors und Erz-
bischofs von Carthago in i>u.rtidus an^
nehmend, die ihm am 7. September 173l)
verliehen wurden. Aber schon kurze Zeit
danach, am 12. April 1731, starb Erz-
bischof Kolonitz. und noch im namlicven
Jahre bestieg Traut son als dessen Nach»
folger den er^biscböflichen Stuhl von
Wien. Nur sechs Jahre war es ihm ver-
gönnt, auf diesem hohen Posten zu wirken,
aber sie genügen, um ihn unter die ersten
Zierden des Wiener Episkopates einzu-
reihen. Seine Hirtenbriefe gewinnen
gerade in unseren Tagen, in welchen übel
verstandener kircblicker Eifer, nicht selten
auch hochmüthiges Zelotenthum den rich-
tigen Standpunkt der Kircbe zu verrücken
bestrebt ist, erst reckte Bedeutung, Schon
den Antritt seiner hohen Würde ver-
kündet er mit Worten voll Demuth und
Ergebung in den göttlichen Willen, gibt
aber ferner kund, daß er die Pflichten
seines neuen Amtes genau kenne und nickts fordere, als daß ihm Alle in Er
Wung derselben durcd Mitarbeit und
gutes Beispiel beistehen. Dann weist er
auf die hohe Bedeutung des Predigtanttes
hin und ermähnt die Prediger, das Volk
in der Schuldigkeit des Gehorsams gegen
seine Fürsten und Obrigkeiten und in den
Pflichten gegen die Nebenmenscben wohl
zu unterrichten. Aber dabei blieb dec
würdige Kirchenfürst nicl't stehen. Ein
gehender spricbt er siä' im Hirtenbrief des
Jahres 1732 aus. Darin erinnert er
Alle, die das Wort Gottes predigen, an
die WicbtiMr und Bedeutung des
Amtes, zu welcbem Gott sie berufen
habe. Der Erzbischoi starrt ihnen ein:
dies sei vor Allem nöthig: recbt zu
glauben, recht zu thun und auf die Ret-
tung der Seele bedacht zu sein. Er be-
dauert die gemeinen Leute, welcbe, in
den Grundsähen des Glaubens schlecht
unterrichtet, auf unterschobene Offen-
barungen, auf niä't geprüfte Wunder^
werke oder abergläubische Thorheiten
mehr balten, als auf Gottes Wort und
Evangelium' welcbe durch alle Kirchen
den Ablässen nachlaufen, ohne zu wissen,
was ein Ablaß sei oder was zur Gewin-
nung desselben erfordert werde' welche
in besondere Andächteleien, in Verehrung
eines Heiligen oder Bildes mekr Hoff-
nung setzen, als in die Verdienste des
Erlösers Jesus Christus' w^ä'e sich
mehr fürchten, die Gesetze einer Bruder-
schaft, als die Gebote Gottes zu über-
treten. Solcbe Fehler, scbreibt der Kirchen-
fürst in seinem Hirtenbriefe weiter,
schleichen durcb die Prediger ein, welche
zwar von den Heiligen, die sie zu loben
haben, wohlunterrichtet, von dem Hei-
ligen der Heil igen aber stumm sind;
welche die Verehrung gnadenreicher Bit-
der mit allem Fleiße anrathen, den Ur>
quell aller Gnaden aber, die einzige Ur-
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Traubenfeld-Trzeschtik
- Band
- 47
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 309
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon