Seite - 116 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47
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Crem!. Cajetan Cremt, Cajetan
kam mit dem Gelde des Rectors zu seine
Kameraden. Also ein Stammbaum wa
nöthig, daran hatte er nicht gedacht
Nun, wußte er sich schon ein Studien
zeugniß zurechtzurichten, so wird sich ei
Stammbaum auch zuwege bringen lassen
Dabei sahen seine Zechbrüder, zunächf
der geriebene Glbl , als er vom ent
lehnten Gelde hörte, daß sich dem Wahn
Witze des Gartnerssohues, dem harmlosem
Studentenscherze eine sehr praktische Seid
abgewinnen lasse. Raming, im Zeichnen
erfahren, malte über Nacht auf Perga»
ment einen prachtigen, zwei Schuh langen
Stammbaum, stattete ihn mit Kapselr
und Wachssiegeln, die er am Pergament,
anbrachte, aus, und die Familienwappen
strahlten in allen möglichen heraldischen
und unheraldischen Farben. Dieses merk
würdige Document wird noch bei der
Proceßacten aufbewahrt. Das Diplom
war in einem Italienisch, wie es gewiß
in der Crusca nicht steht, abgefaßt und
zuletzt in deutscher Sprache! die Ver
sicherung beigefügt, daß es als durchaus
echt Zu betrachten sei! An diesem naiven
Zusähe ist zu erkennen, daß Cajetans
(5ollegen die Sache eben als einen
Faschings scherz ansahen. Die Eltern des
dsÄ6t3.ilO ^.iQilcarft I'vinora,
«U 8t!-iv2.U niUo anno 1784 26.
(statt I^uFlio! waren nach dem Stamm-
bäume: ^le^sH^äro lunora, O<.>. e«. n^to
anno l736 und ^i-Hneesca. >Iiranäa (U
?0i-to3ti-ud<i llat«. 1734; die vaterlichen
Gioßeltern aber si^ismo^äo
geboren 1633, und .-^nn
tg.An^ cante«»», äi ^iHrilo, geboren
l640, wonach also Letztere, als sie Caje<
tanos Vater Alessandro gebar,
96 Jahre zahlte nnd einen 503 Jahre
alten Gemal hatte! Gleiche Altersverhält-
nifse ergaben sich bei den Großeltern von
mütterlicher Seite, und waren überhaupt in dem Stammbaume der Familie Stri>
val i alle physiologischen Verhältnisse auf
den Kopf gestellt. Besagtes Document
nun hatte Cajetan die Verwegenheit
seinem Rector zu überreichen. Dieser
nahm es entgegen, ohne es weiter zu
prüfen, wohl aber gab er es zu diesem
Zwecke einem Fachmanne und Stifts-
collegen, dein ?. Corbinian Gärtner
Md. V, S. 3t^. einem noch heute mit
Recht geschätzten Historiker. Wie es
geschah, daß t'ate^- (5orbinian an dem
Stammbaume nichts Auffallendes vor«
fand und erklärte: daß es mit demselben
seine Richtigkeit habe, läßt sich heute
schwer sagen. Gewiß ist es, daß ?a.ter
Corbinian ein verdienstvoller Ge-
lehrter, ein Mann umfassender Kennt-
nisse war, und daß sein Aussprnch für den
Augenblick entscheidend in dieser Tragi»
komödie wirkte. Es lassen sich nur die
Zeilwirren — der Vorgang spielte in den
Tagen der Säkularisation Salzburgs und
der neuen Regierung unter Großherzog
Ferdinand 1801 und l8()2 — einiger-
maßen als Entschuldigungsgrund an»
führen. AlleS Bestehende wankte, König,
reiche entstanden aufNapoleons Macht«
gebot, und Königreiche verschwanden, kurz,
es war, als sei Alles aus den Fugen ge>
gangen, und so konnte auch das plötzliche
Auftauchen eines Prinzen gar nicht so
sehr auffallen. So wurde denn der
Bauernjunge aus Mattighofen über Nacht
ein Prinz Tunora aus S t r i va l i , der
»orderhand nur von den Studenten
Respect vor seiner Fürstenwürde und den
Titel „Durchlaucht" verlangte. Und ihm
Beides zu gewahren, machte den Studen»
ten Spaß. Auffallender ist es, daß der
Prinz ohne Geld, so oft er den Rector
m ein Darlehen anging, ein solches von
emselben auch immer erhielt. Indessen
machte Cajetan in seiner prinzlichen
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Traubenfeld-Trzeschtik
- Band
- 47
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 309
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon