Seite - 117 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47
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Treml, Cajetan 117 Ereml. Cajetan
Würde wieder einige Schritte vorwärts:
er bezog ein besseres Quartier, im Milch,-
gäßchen nahe dem Marktplätze, ernannte
seinen Kollegen Elb l zum Geheim«
secretär, den zweiten, Joseph Schmid,
zum öeibkammerdiener und legte zuletzt
auch noch beim Schneider einen groß»
artigen Pump an, denn er ließ sich einen
weißen Uniformrock mit apfelgrünen Auf»
schlagen, weiße Beinkleider und einen
hechtgrauen Ueberrock anfertigen' dann
verschaffte er sich ein großes Ordesband
mit einem Stern und ein fürstliches
Petschaft. Und damit nichts zur Prinz-
lichen Vollkommenheit fehle, sorgte ^r
auch für eine Geliebte, die er übrigens
sich schon früher erkoren, es war die
Tochter des aus Frankreich eingewanoer-
ten Ingenieurhauptmanns Grenier,
Joseph ine, welche, wenn sie früher von
dem armen Bruder Studio -wenig Notiz
genommen, , jetzt die Huldigungen des
Prinzen fick um so lieber gefallen ließ.
Ueber das Verhalten der akademischen
Behörden zu diesem Prinzenspiel liegt
wenig Bestimmtes vor' die Professoren
bezeugten dem Prinzen Tunora alle
Ehren, im Colleg war sein Platz mit
rothem Sammt gepolstert'. Wenn er
sich in seiner Phantasteuniform öffentlich
zeigte, trat die Wacke ins Gewehr, kurz,
obwohl Niemand Bestimmtes über den
Prinzen Tunora wußte, so wurde er
doch allgemein als- Prinz angesehen
Endlich aber sing sick der Argwohn zu
regen an. Der Rector und Grenier,
der Schwiegervater in 8pe, waren die
Ersten, die sich rührten. Der Rector ver-
langte den Taufschein C a j e t a n s '
Hauptmann Grenier bestand auf dem
Eheconsens von dem fürstlichen Vater,
denn der Prinz hatte der Hauptmanns-
tochter die The versprochen. Der Consens
war sofort zur Stelle, aber nicht so der Taufschein, der immer nicht kommen
wollte. Indessen ging es in der fürstlichen
Studentenwirth fckaft im Milcbgäßchen
flott her, man zechte und tafelte m
Saus und Braus, fuhr vierspännig aus
und versckwendete alles Geld, das man
irgendwo zusammengerafft hatte. Schüt»
telte auch der Eine oder der Andere miß-
liebig oder bedenklich den Kopf, sich Auf-
klärung zu verschaffen, that kein Mensch
einen energischen Schritt, und so dauerte
der Mummenschanz eine geraume Weile
fort. Aus den Proceßacten ergeben sich
wohl einige Andeutungen, wie es möglicb
gewesen, daß die Täuschung so lange vor-
hielt. Cajetans Eltern, scküchterne und
eingeschüchterte Bauersleute, wurden
von Elb l , der überhaupt die Seele des
ganzen Unternehmens war, gehörig be-
arbeitet. Als man-so weit gekommen,
die Mutter zu vernehmen, ließ diese
durchblicken: Cajetan könnte sehr wohl
fürstlicher Abstammung sein, und der
Vater ging sogar so weit, ;u sagen, er
habe zwar früher einmal einen Fürsten
oder Grafen bei seinem Weibe betroffen,
im Allgemeinen aber nichts Unanstält'
diges bemerkt. Später sagte er gerade
heraus: Cajetan sei von hoher Ab-
kunft und ihm blos zur Erziehung über-
geben worden. Und so kam es denn, daß,
wie der Söhn halb Fälscher, halb Phantast
war und an sein Fürstenthum Strivali
am mittelländischen Meere nachgerade
wirklich glaubte, so auch die Eltern, von
dem romantischen Dunste eingenommen,
ihren Sohn mit der Zeit für eine echte
Durchlaucht hielten. Der Reeror UaFui-
üeus hatte immer wieder, zuletzt freilich
schon mit Widerstreben geborgt, aber
andere Gläubiger, und deren gab es
genug, wollten nun nickt langer warten.
Ein Wechsel aus Strivali, auf den Ca-
jetan immer wieder vertröstete, wollte
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Traubenfeld-Trzeschtik
- Band
- 47
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 309
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon