Seite - 259 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47
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Truchseß-Mllldburg, Mar. Wülb. 239 Cruchseß-Maldburg, Mar. Walb.
Alter von 30 Jahren, ein Erziehungs-
mstitut, welches sie durch mehr als zwei
Decennien aus eigenen Mitteln unter-
hielt. Diese Anstalt machte seinerzeit viel
von sich reden. Die Gräfin, welche den
Umschwung in der Unterrichtsmethode,
der eben damals sich kundgab, genau
beobachtete, setzte sich mit den beiden be»
-rühmten Pädagogen jener Zeit, Salz-
mann und Pestalozzi, in brieflichen
Verkehr. Sie scheute kein Opfer, um ihre
Anstalt in Blüte zu bringen, Knaben
und Mädchen wurden in dieselbe auf-
genommen und wie in der Solitude
militärisch gehalten. Den ganzen Tag
über dauerten die Unterrichtsstunden, die
Großen unterwiesen die Kleinen. Vor-
stand der Schule war der Schloßcaplan
und eine Zeit lang, von 1806 bis
1813, der in der Kalenderliteratur bahn-
brechende Iurende, welcher die Gräsin
auf ihren Reisen durch die Schweiz, das
südliche Frankreich und Italien begleitete
und auf Schloß Kunewald auf den Ge-
banken kam, den Kalender „Der mährische
Wanderer" herauszugeben, der im Jahre
1809 zum ersten Mal erschien und im
Kalenderwesen einen Umschwung hervor-
rief, welcher, von Oesterreich ausgehend
und von da erst über Deutschland sich
-ausbreitend, von unabsehbarem Einflüsse
auf die geistige und sittliche Entwickelung
des sogenannten gemeinen Volkes wurde.
So lange Iurende im Schlosse waltete,
ging auch Alles in bester Ordnung, denn
er selbst war eine schlichte, grundehrliche
Natur, seine Nachfolger aber wirth-
schafteten schlecht und brachten die Gräfin
in manche Verlegenheit; da sie ihren
eigenen Grundsätzen gemäß die Anstalt
leitete und sich in Folge dessen nicht
an die vorgeschriebenen Lehrbücher der
Normalschulcommission hielt, kam es zu
widerwärtigen Verhandlungen, und zu» letzt leitete das Olmützer Consistorium
sogar die Untersuchung ein. Das Er-
gebniß derselben war, daß die Anstalt
als „gefährlich" aufgehoben ward. Worin
die Gefährlichkeit bestand, ist noch heute
nicht aufgehellt. I n der Anstalt wurde
die Bauernjugend außer in dem Lesen,
Rechtschreiben, Rechnen und der Religion
auch in der Vaterlandskunde, Obstbaum-
zucht, Benützung der Thiere, Kenntniß
des menschlichen Körpers u. s. w. unter-
richtet, der gewähltere Theil im Schlosse
auf Kosten der Gräfin zu Beamten,
Künstlern und zu allen nicht gemeinen
Dienstleistungen im bürgerlichen Leben
herangebildet, die weibliche Jugend zu
ihrem wahren Berufe angeleitet. Was
immer man der Anstalt vorwerfen mochte,
ist ohne Belang, sie hat großen Nutzen
gestiftet, und tüchtige Manner, die
später zu Rang und Würde gelangten,
haben in ihr die Keime ihrer ersten Bil-
dung erhalten. Die Grasin kümmerte
sich auch um die behördlichen Störungen
wenig und setzte ihre segensvolle Wirk-
samkeit ununterbrochen fort, und noch
heute wird in jenen Gegenden ihr Name
mit Segen genannt. I n späteren Jahren
führte die Gräfin ein trauriges Leben.
Von einem Ritt durchs Wasser holte sie
sich die Gicht, welche zuletzt in eine
Lahmung ausartete, die ihr den Gebrauch
der Glieder raubte, so daß sie immer sich
tragen lassen mußte. Sie starb im Alter
von 66 Jahren, ihr Vermögen dem
Sohne ihres Pächters hinterlassend. Einer
ihrer Biographen bemerkt: „Schon das
Leben dieser Frau klingt wie ein Roman.
Wie interessant müssen ihre Briefe sein;
da ließe sich den geheimsten Falten des
Herzens, den tausendfach zerstreuten
Zügen ihres Lebens und Waltens nach»
spüren". Hier haben Biographen noch
einen ungehobenen Schatz, den sich näher
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Traubenfeld-Trzeschtik, Band 47
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Traubenfeld-Trzeschtik
- Band
- 47
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 309
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon