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Tschabuschnigg Tschabuschnigg
Dichter wädlte später tne Titelfigur zum Helden
seines sakrischen Romans „Der moderne Eulen«
spiegel". Das Drama war auf zwei Acte
angelegt, Tschaduschnigg hat aber nur den
ersten Act vollendet, welcher dessen einzigen
literarischen Nachlaß bildet. Mit Einoerstäud-
niß der einzigen Tochter des Dickters. Mar ie
vermalte von Thavonat , sandte Ludwig
August Frankl den Prolog zum Drama an
die Redaction des Jahrbuches „Dioskuren",
und derselbe findet sich auch darin im eilften
Jahrgange (1882), T. A72, abgedruckt.
I I . Aedcr Tschabnschnigg den Lyriker und
Novellisten. Es liegt ein stattliches Heft Urtheile
und, Kritiken über Tschabusckni gq's Ge«
diäne und Novellen vor mir. und alle stimmen
darin überein, daß wir es mit einem wahren
und liefinnigen Poeten zu thun haben. Viele
stellen den Novellisten hoher, Ändere wieder
den Lnriker. In seinen ersten lnrisäien Ver»
suchen ist der Einfluß Heine's unoerkennbar.
In der ,>olge überwand er denselben, er ge»
wann eine erfreuliche Selbständigkeit, aber er
hatie oon seinein Vorbilde gelernt, durck die
einfachsten Mittel zu wirken. Die Jagd nach
Bildern, die man deli österreichischen Poeten
zum Vorwurfe macht, trifft man bei ibm nicht;
auch bestiä'r er nicht durch Glanz der Dar«
stellung; er ist vielmehr sehr einfach und gebt
darin, wie ein Kritiker bemerkt, so weit. daß
er in manchem Gedicht an die Prosa streift;
auch wiro, wie das heutzutage, wo der Puriö>
mus über den Gedanken gestellt wird, gang
und gäbe. die Geschmeidigkeit des Rhnthmus,
die Reinheit des Reimes beanständet, Wenn
die Gedichte das Spiegelbild eines Erlebnisses
und. so sieht man ihn-.n zuweilen den Zwang
der Mache an. der Tickter steht noch nicht
auf überwundenem Standpunkte, die Schlacken
der Leidenschaft brechen durch das Gold der
reinen Empfindung, und das sind wohl die
schwächsten seiner Gedichte; hat er aber den
ersten Sturm der Leidenschaft besiegt und sich
zur Entsagung erhoben, dann gelingt ihm
manckes treffliche Lied. dessen äußere Ruhe
die Macht des Gefühls nur desto lebendiger
hervortreten läßt. Nach dieser Richtung ent>
hält sein? lel?tl,' Sammlung: „Nach der Sonnen-
wende" eine Reihe von Prachtstücken, die zu
den Edelsteinen der modernen deutschen Lvrik
gezählt werden können, Wo er seinen Stoffen
mit klarer Ruhe entgegentritt, da ist er auch
im Ausdruck am glücklichsten. Wir begegnen
in seinen ziemlich zahlreichen Gedichtsamm- lungen mancheui heiteren Gedichte, doch über-
wiegt im Ganzen das Ernste, und seine meist
mit Glück behandelten Balladen sind tragischer
Art. I n der Wahl seiner Stoffe meist glück<
lich, entnimmt er dieselben oft, ja mit Vorlieb?
der deutschen Heldensage. Als eine Eigenthum«
lichkrit erscheint es uns, wenn er seine epischen
Stoffe in einer Reihe von Bildern darstellt,
welche er in Sonettenform einkleidet. Daß er
als österreichischer Poet das politische Lied
auch cultillirre, ist ja selbstverständlich, aber
er that es mit Mäßigung. Indeß zahlen Ge>
dichte, wie „Freiheit". „Das Pfingstfeft zu
Mainz 1154". „Das neue Märlein vom
deutschen Kaiser" zu den besten, die je Dichter--
mund gesungen. Doch es brauchen nicht gerade
politische Lieder zu sein. aus allen seinen
Gedichten spricht seine freie Gesinnung in
Bezug auf Staat und Kirche. Man rühmt
seinen Balladen und Romanzen nach, daß sie
sich besonders zur Declamation eignen, was
bei jenen Anastasius Grün's und Julius
von der Traun's nicht immer der Fall ist.
Wir können dies als keinen besonderen Vor«
;ug anerkennen, ebenso wenig wie die leichte
Eomvonirbarkeit eines lyrischen Gedichtes für
dessen Werth spricht, da oft die gedanken-
ärmsten erst durch die Komposition der Ver-
gessenheit entzogen werden. Gewiß aber ist es,
daß viele seiner Balladen sich trefflich zum
Vortrage eignen, und so Hai wohl eines seiner
Gedichte: „Die Schildwacke", den Nundgang in
weitesten Kreisen gemacht, denn Schreiber dieses
hörte es unten tief in Kroatien und hoch oben
in Altona vortragen, und immer mit unver»
wüstlichem Erfolge. Alles in Allem, Tschc"
b usch nigg ist ein Poet von Gottes Gnaden,
und die wohlfeilen Phrasen eines und des
anderen Iournalkritikers werden ihm das
Salböl, womit ihm die Muse die Stirn
zeichnete, nicht wegwischen. — Weniger hoch
stellen wir ihn als Novellisten, wenngleich er
auch als solcher den Troß der Duhendschreiber,
welche professionell in Noman. Erzählung und
Novelle macken, hoch überragt. Wolfgang
Menzel begrüßte Tschabuschnigg'ö „Hu>
moristische Novellen" mit folgenden Worten:
„Unter dem sehr sehr Wenigen, was die neueste
Literatur (l842) an humoristischen Darstel-
lungen hervorgebrachthat, zeichnen sich Tscha«
buschnigg's Novellen durch anspruchslose
Gemüthlichkeit auS Sie erinnern etwas an
Jean Pau l , Arn im. Cal lo tt-Ho ff.
mann, und ohne so geistreich zu sein, wie
diePloductioncn dieser älteren Dichter, stimmen
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Band
- 48
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon