Seite - 13 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
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Tschabuschnigg Tfthabuschnigg
sie doch zu Heiterkeit und Behagen. Es thut
wohl. in der Masse des Trübseligen. Zcr<
rissenen und Vcrzwciflungsvollen unserer soge-
nannten schönen, in Wahrheit unschönen Lite>
ratur wenigstens hin und wieder noch etwas
Heiteres aufrauchen zu sehen, was an die
malige oder vielmehr auch an eine künftige
Aufhellung des poetischen Himmels mahnt.
Weniger günstig wurden seine mehrere Jahre
früher erschienenen „Novellen" aufgenommen,
doch wird auch ihr Wertb in mancher Bezie»
hung anerkannt und namentlich die darin
waltende Gemüthlichkeit hervorgehoben, die
wirklich poetisch wirkt. Außerdem wird mit
Bezug auf die Form die schöne Bildung, die
frische blühende Diction anerkennend gewür»
digt. Im großen Ganzen jedoch sind seine
kleineren Novellen mehr oder minder Taschen-
bücher-Fadricaie, für das vormärzliche schöne
Geschlecht berechnet, welches noch nicht wie
das heutige in Emancipation macht und derbere
.Host verlangt und vertragt. Höher sowohl
nach den Forderungen der Hunst, als nach dem
Gesammtcindrucke, den sie hervorbringen, steht
Tschabuschnigg in seinen größeren Roma-
nen, wie: „Ironie des Lebens". „Der moderne
Eulenspiegel", „Große Herren, kleine Leute",
„Grafenpfalz", „Sünder und Thoren". „Die
Industriellen". I n jedem derselben sucht er ein
sittliches Problem zu lösen und medr oder
minder ein Glaubensbekenntniß seines Denkens
und Fühlenö zu geben. Man mag die
^orm dieser Romane, die zuweilen etwas
formlos, rügen, inhaltlich sind sie reich, über-
reich an köstlichen Betrachtungen mannigfachster
Art, die den Leser zum Denken auffordern und
unmerklich aus der wirklichen Welt, die sie
trefflich schildern, in eine ideale hinüberziehen,
die uns fesselt und für manchen Mangel in
ocr Komposition des Ganzen, ja manchesmal
auch in der Charakteristik entschädigt. So
schreibt Lorm anläßlich der „Grafenpfalz":
„Man kann nur mit hoher Achtung von dem
Werke sprechen, ungeachtet der Mängel seiner
Komposition. Ernst und geistvoll ist die Unter«
Haltung, die uns hier in der Form des Romans
geboten wird. Ueber allgemeine und aeschicht«
liche Wendungen, sowie über individuelles
Leben finden sich darin die eingreifendsten
Bemerkungen". Den Noman „Ironie des
Lebens" bezeichnet Theodor Hell als ein
Werk, das in der deutschen Nationalliteratur
bleibend eine Ehrenstelle behaupten wird; es
hat sich die Aufgabe gestellt, ewige Interessen
ins Leben zu ziehen und darzuihun. daß echte Philosophie und echte Religion in ihren letzten
Ergebnissen völlig congruent sind. Ueber den
„Modernen Eulenspiegel" bemerkt Ludwig.
August Frankl: „daß der Noman als Ganzes
keinen Kunstwerth besitze, aber manche Einzel-
heiten, manches Körnlein Wahrheit. d.is in
den Gesprächen eingestreut ist. machen dak
Werk zu einer beachienZwerrhen Erscheinung
der prosaischen Literatur in Oesterreich". Der
Krittler im Liieracurdlaue der „Neuen freien
Presse", welcher eingebend den Roman „Sünder
und Thoren" beurtheilt, rühmt von diesem
Werke: „Es liest sich trefflich, ist in anziehen-
dem Style geschrieben, nirgends macht die
Reflerion sich allzu breit, die Handlung schreitet
immer resolut vorwärts, vielleicht nur all;,u
rasch für die liebe Gewobnbeit des Roman-
Publicums. Den Witz handhabt der Dichtcr
manchmal etwas wuchtig, ebenso geht sein
ernsthafter Humor, welcher dem Roman eine
seltene Würze leiht, hie und da in5 Burleske,
ja sogar ins Triviale über. Doch waltet im
Werke ein großer Gedankenreichthum und ein
klarer Geist, der seiner Zeit die Hand an dcn
Puls zu legen und nach dessen Bewegung dic
Symptome richtig zu deuten versteht". Und
wohl selten wird eö vorkommen, daß dcr
Kritiker, wie es bei dem Romane „Große
Herren, kleine Leute" geschieht, nach dem End?
desselben noch nach einem Bande ausschaut,
da sich ihm im Gegensatze zu vielen Romanen
der Gegenwart, die man schon beim zweiten
Bande verdrossen weiter liest oder gar auf
Nimmerwicdcrzurhandnehmen weglegt, das
Ende zu rasch abspielt. Die ruhige Entwick-
lung, mit welcher der Roman angelegt ist,
weicht leider im Verlaufe einer mitunter un-
vermittelten Hast, und wir erfahren Vielee
nicht, was wir wissen möchten und worüber
wir uns wohl selbst den Vers machen müssen,
was ja aber vielleicht eben in der Absicht des
Autors lag. Aber eine scharfe l5harakteristik.
ein glänzender Dialog und feine psychologische
Beobachtung zeichnen auch dieses Werk des
Verfassers aus. der zu Oesterreichs besten
Prosaisten zählt, wenngleich Constructionen.
wie: „ich anrechne", „sie fortsetzte ihren Weg",
„er beilegte den Brief", dem Geiste der deutschen
Sprache sämurstracks zuwiderlaufen und auch
nicht eben zu angenehm ins Ohr fallen. ^Zur
Kritik seiner Werke. ..Buch der Reisen"
(Wien 1842): „Abendblatt". Von Theodor
Hell. Literaturblatt. 1842. S. <i91. — „Ge-
dichte" (1864): „Blätter für literarische Unter»
Haltung". 16N4, 3. 862. — „Grafenpfalz"
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Band
- 48
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon