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Tschischka Tschischka
wurde und in Folge deffen von ein-
zelnen, nicht immer zum großen Worte
berechtigten Splitterrichtern manche
ebenso ungerechte als unverdiente Scho-
nungslosigkeit erfuhr. Man wird aber
niemals übersehen dürfen, daß er nicht
minder durch seine Forschungen im Ge«
biete der Volksmundart, als durch die
Verbreitung gründlicher archäologischer
Kenntnisse und deren Anwendung bei der
Würdigung vaterländischer Denkmale für
Oesterreich Bahn gebrochen hat, zu
einer Zeit, wo die Pflege in beiden Rich-
tungen noch eine äußerst kümmerliche
Literatur für diese Fächer überhaupt vor
fand und die specielle Forschung zumeist
auf selbständiges Urtheil angewiesen
war. Im Jahre 1819 erschienen bei
Hartleben in Pesth von Tschischka
im Vereine mit seinem Freunde Max
Schottky Mand XXXI, S. 23
„Oesterreichische Volkslieder mit ihren
Singweisen", welche Beide nach einem
durch achtzehn Monate fortgesetzten
Suchen und Forschen in dem Wald-
gelände des Viertels unter dem Wiener-
waldö bis zu den damals noch unwirth-
lichen Schluchten des Schneebergs aus
echter Quelle aufgesammelt hatten. Bei
diesen Nachforschungen nach Volksliedern
und Volkssagen fehlte es auch nicht an
komischen Episoden, wie folgende. „Liebe
Leute, habt ihr keine Volkssagen?" mit
dieser Anrede stürmte einst der nord-
deutsche Schottky auf den Wirth im
reizenden Alpenthale Buchbergs ein; nach
kurzer Ueberlegung meinte dieser: nächstan
sei wohl eine „Brettersage", aber „Volks«
sagen" gebe es im Thale nicht. — So
wurde Tschischka durch die Herausgabe
dieser urwüchsigen Volkslieder bald der
Ahnherr eines productiven vaterländi«
schen Literaturzweiges, der in Castelli's
Md. I I , S. 303 j^ und Seidl's Mand XXXIII, S. 333^ gemüthlichen Sing-
weisen mit entschiedenem Erfolge eben-
bürtige Vertretung fand, wie fürs Lanb
ob der Enns der ältere Volksdichteo
Lindermayer Md. XV, S. 201^
in Stelzhammer Mand XXXVIII^
S. 178^ und Kaltenbrunner Md. X,
S. 409^. 1844 ließ er eine durch den
Sammelfteiß in weiteren 23 Jahren mit
mancher bezeichnenden Zugabe bereicherte,,
von manchem Unwürdigen und Gehalt»
losen gereinigte neue Ausgabe dieser
Volkslieder mit der völlig umgearbeiteten
Beigabe von Bemerkungen über österrei-
chische Mundart und einem Wörterbuchs
erscheinen, welche verbesserte Auflage
durch gründlichere Würdigung des Stoffes
den verdienten Beifall der Kenner ge»
wann. Die ebenfalls in österreichischer
Mundart abgefaßten „Oesterreichischen
Volksmärchen", welche Tschischka.
1822 in Druck gab, sind nicht etwa
Gebilde der Phantasie, sondern mit
feiner Umsicht ausgewählte Märchen, die
wahrhaft im Volksmunde wurzeln und-
mit sorglicher Mühe aus oft weit ent-
legenen Schluchten sowie auf grünen
Matten aufgesammelt, zugleich ein treues»
Bild lebensfrischer Ursprünglichkeit und-
kerniger Eigenthümlichkeit des österreichi»
schen Volkscharakters bieten. In den
Miener Jahrbüchern der Literatur" wid«
mete deren damaliger Herausgeber Mat«
thias von Collin Md. I I , S. 413)
diesen Volksliedern und Volksmärchen
eingehende Besprechungen, Bd. XII,
S. 171—186; Bd. XVII, S. 234 bis
233, und auch in späterer Zeit gedachte
ihrer wieder mit warmer Anerkennung
ein lebendiger Aufsatz Schumacher's
Md. XXXII, S. 208^> in den „Oester-
reichischen Blättern für Literatur und
Kunst" 1844 st, S. 133—133 und
. 237—240^. Tschischka hat seine
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Band
- 48
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon