Seite - 58 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
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Tschader 58 Tschofen, Franz Joseph
von Stubei, welche fünf Compagnien
Landesschützen etwa 700 Mann zählten.
Da aber ein allgemeines Eingreifen in
den Kampf mit dem überlegenen Gegner
durch mehrere traurige Nebenumstande
vereitelt wurde, so verunglückte dieser
Zug vollständig. Zu den am meisten zu
bemitleidenden Opfern desselben zählt
Christian Tschoder, seines Zeichens
ein Schuster, welcher bei dem Aufrufe
zur Vertheidigung des Landes mit der
Ischgler Schützencompagnie ausgezogen
war. Bei dem unglücklichen Rückzüge,
auf welchem jeder Einzelne die furcht-
barste Mühsal zu erleiden hatte, befiel
ihn zuletzt eine solche Mattigkeit, daß
er nicht weiter konnte und auf dem
Wege liegen blieb. I n diesem hilflosen
Zustande wurde er von den Franzosen
aufgefunden. Und nun meldet der Ge>
schichtsschreiber dieses Einfalls wörtlich:
„Was thun nun die Cannibalen? Zuerst
wird der Bedauerungswürdige von ihnen
nackt ausgezogen, dann schändlich ver-
stümmelt, hierauf bei lebendigem Leibe
geviertheilt. Der Kopf des Unglücklichen
wird zuletzt vom Rumpfe getrennt und
mit dem Rosenkränze zwischen die Füße
gelegt. So fand man den armen Landes»
Vertheidiger einige Tage darauf. Dies
die möglichst wahrheitsgetreue Darstellung
des gänzlich verunglückten Zuges..."
Wenn die Wilden Neuseelands so etwas
thun, wenn die Montenegriner ihren
Feinden Nasen und Ohren abschneiden,
welches Geschrei! Und mit Recht. Wenn
aber dieses als Culturvolk erster Claffe
allen anderen voranstelzende Frankreich,
wenn diese an der Tete der Civilisation
vorausgaloppirende Nation dergleichen,
wie oben erzählt, vollbringt, wie benennt
man das? Die Tiroler mögen den
Namen Tschoder im Gedächtniß be-
halten, wenn wieder einmal, was übrigens Gott veihüten möge, die Civilisatoren
der Menschheit ins Land brechen sollten.
Mor igg l (Alois). Einfall der Franzosen in
Tirol bei Martinsbruck und Nauders im Jahre
1799. Aus verläßlichen Quellen geschöpft und
nach Urkunden bearbeitet (Innsbruck 1833,
Wagner. 8".) S. 82.
Tschofen, Franz Joseph (Bauern-
führer in Vorarlberg im Jahre 1796,
geb. im V o rarlb e r g'schen in der zweiten
Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts,
Todesjahr unbekannt). Zu St. Peter,
einem Einzelhofe im Landgerichtsbezirk
Sonnenberg unweit Bludenz in Vorarl-
berg, führte er einen so lüderlichen Lebens-
wandel, daß es bald mit seinem Hab und
Gut zur Neige ging, und als die Zeit
des Franzoseneinfalls 1796 herankam,
wußte der Heruntergekommene nichts
Besseres zu thun, als auf eigene Rech-
nung die Rolle eines Patriotenführers
zu übernehmen, die er dann in grauen-
hafter Weise spielte. Es war am 9. August
genannten Jahres, als die Franzosen in
starken Massen auf Bregenz losrückten.
Die höheren Beamten des Kreisamtes,
welche von Innsbruck aus Befehl erhalten
hatten, nach Tirol zu übersiedeln, ver-
ließen über Hals und Kopf die Haupt-
stadt von Vorarlberg: sie thaten dies in
'o unvorsichtiger Eile, daß sie nicht ein-
mal den Abzug der kaiserlichen Truppen
abwarten und sich diesen anschließen
mochten. Und diese Ueberstürzung wurde
ihr trauriges Verhängniß. Unter den
Flüchtigen befanden sich der Kreishaupt-
mann von Indermauer, der Ober-
amtsrath von Franzin und der Bürger-
meister von Bregenz Weber. Ueber die
Flucht gerieth nun die ganze Bevölkerung
n helle und nicht ungerechtfertigte Ent-
rüstung. „ Im lieben Frieden, da waren
wir ihnen gut genug, da mußte Alles so
-anzen, wie sie pfiffen, und nun, obwohl
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Band
- 48
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon