Seite - 68 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
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Tschuggmall 68 Tschuggmall
schwere Fährlichkeiten; er war in Kasan
und Moskau der Willkür, Raubsucht und
Rohheit der Personen, mit denen er in
Berührung treten mußte, preisgegeben.
In Nischni Nowgorod fehlte es nicht viel,
daß ihm die unwissenden Bauern, nach»
dem sie die Figuren sich so lebenswahr
bewegen gesehen, dahinter Teufeleien
suchend, sein ganzes Automatentheater
zertrümmert hätten. Tschuggmall er-
zählte selbst: daß er beim Wiederbetreten
der österreichischen Grenze den ersten
schwarzgelben Mauthschranken unter
Thränen umarmte und freudig den öster«
reicbischen Boden küßte. So hatte er be-
reits 17 Jahre seine kleine Künstler»
gesellschaft in der Welt herumgeführt
und war eben im Begriffe, eine neue
Tour durch Deutschland zu machen, als
er im Städtchen Micbelstadt in Hessen
plötzlich erkrankte und daselbst auch starb.
Tschuggmall war seinem Aeußeren
nach ein sä'öner, stattlicher Mann, uner-
schrocken und heiter, schnell aufbrausend,
aber aucb leicbt versöhnt. Seinen Kindern
ein guter Vater, ließ er denselben eine
sorgfältige Erziehung zutheil werden. In
Niga lernte er den Mechaniker und Deko-
rationsmaler Georg Giu l ian i kennen
und nahm ihn als Gehilfen, endlicb als
Gatten seiner Tochter Elisabeth auf. An
dieses Paar ging sein Automatentheater
und seine Kunst als Erbschaft über. Noch
in den Siebenziger-Jahren gab die
Tschuggm al l'sche Familie in Inns'
brück Vorstellungen mit ihren kleinen
Wunderfiguren, die damals ebenso noch
die allgemeine Bewunderung von Jung
und Alt erregten, wie 30 und 40 Jahre
früher. Diese neuen Vorstellungen schloffen
stets mit dem von Giu l ian imi t großem
Fleiße gemalten Panorama der Tiroler
Bahn von Kufstein bis Bozen, einem
Gemälde von 200 Ellen Lange und 2t 2 Ellen Höhe, welches die herrlichen
Landschaftspartien dieser Strecke mit
allen Tunnels, Brücken, Schutzbauten,
Hochgebirgen, Gletschern u. s. w. vor-
führt. Wir lassen unten einen kurzen
Ueberblick der Tschuggmall'schen Auto»
! maten folgen.
! Der Aufmerksame (Gratz, 4".) 1856. Nr. i).>
> und 96. — Berlinische Nachrichten,
! 1862, Nr. 240: „Tschuggmall's Automaten".
! — Bote für Tirol und Vorarlberg (Inns-
bruck, Fol.) 1836. Nr. 2i)4. S. 1677 snach
diesem geboren am 19. Jänner 1785). —
sHormayr's) Archiv für Geschichte u, s. w.
(Wien, 4".) 1827. T. 696. — Neue Tiroler
! St immen (Innsbruck, 4") 1870, Nr. 89:
„Tschuggmall's Automaten". — Staff ler
(Johann Jacob). Das deutsche Tirol und
Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen
Bemerkungen (Innsbruck 1847, Felician Rauch,
8".) Vd. I, S. 277 sonach diesem geboren
am 3. Jänner 1785).
Pie Tschuggmall'schell Automaten. Herausgeber
dieseü Lcrikons l^c als ^ehn- bis zwölfjähriger
Knabe Gelegenheit gehabt, diese Nundcrfiguren
zu Anfang der Dreißiger-Iabre in Laibach ;u
seben, wo Tschuggmall dieselben auf einer
improvisirten Büdnc iln standischen Redouten»
saale dem Publicum vorführte. Der Eindruck,
den diese cilf kleinen Automaten, von Holz,
Leder und Metall zusammengesetzt, auf ihn
und seine Geschwister, ja auf den ernsten
Vater hervorbrachten, bleibt ihm unvergeßlich.
Die Figuren schienen zu leben, sie öffnen und
schließen die Augen und Lippen, vollführen
auf dem schlaffen Teile die schwierigsten und
anmuthigsten Gaukeleien eines Akrobaten,
steigen an einer Leiter auf und nieder, treiben
Scherze, trinken einander zu und zaubern uns
Scenen aus dem Lande der Lilivuter herbei.
Der Stand der Automaten. Androidcn und
Metamorphosen des Tschuggmal l'schen
Cabinets ist folgender: 1. Ein Automat, der
in den Händen des Künstlers leblos liegt.
Sobald er in Berührung mit dem Schwung»
seile kommt, wird plötzlich reges Leben in
ihm bemerkbar. Er beantwortet alle Fragen
' seines Herrn, bejahend oder verneinend, bewegt
die Augen nach dem Tacte der Musik, verläßt
das Teil, erfaßt es wiederum, hängt mit den
Händen sich daran und legt sich rück» und
vorwärts darauf, gibt auch bei einem Applaus
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Band
- 48
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon