Seite - 106 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
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) Franz 106 ) Franz
den, zu streng abstracten Studien stets
empfänglichen Geist. Er war in der latei-
nischen, französischen und italienischen
Sprache wohl bewandert, überdies ver-
traut mit den feinen Sitten der Hof-
welt, welche ihm aber nichtsdestoweniger
als heterogenes Element erschien. Indem
er stehend an seinem Pulte arbeitete, be»
diente er sich beim Componiren seines
Lieblingsinstrumentes, der Gamba, die er
mit seltener Fertigkeit spielte. I n der
kaum glaublichen Frist von drei Tagen
vollendete er gewöhnlich eine ganze
Messe. Während dieser Zeit blieb er
isolirt auf seiner Stube, versagte sich
jeden geselligen Umgang und genoß
sowohl zum Mittags» als Abendbrod
nichts weiter als eine Tasse Chocolade.
Seinem ganzen Wesen nach ein Mann
ernstesten Schlages, ein Deutscher von
echtem Schrot und Korn, war er solid
und gründlich in Allem, was er unter^
nahm, streng und rechtschaffen in jeder
Handlung und ausgezeichnet durch viele
Tugenden, welche ihm die Herzen Aller,
die ihm naher traten, gewannen. Bei der
ihm angeborenen Gründlichkeit hielt er
unwandelbar fest an den von seinem
Meister Fux empfangenen Lehrsätzen und
schrieb selbst nicht das Unbedeutendste,
ohne nicht jeder Anforderung der Kunst
zu entsprechen. Ein stets denkender, durch
wissenschaftliche Bildung geläuterter,
durch praktische Gewandtheit gesicherter
Componist, vermochte er nur reelle Werke
zu schaffen', kein momentanes Interesse,
kein Machtwort vornehmer Gönner wäre
fähig gewesen, ihn abtrünnig seinem zur ist allen seinen zahlreichen Kirchencompo-
sitionen aufgedrückt. Es liegt ein Schatz
von. Wissenschaft in diesen Werken ver-
borgen ; nicht flimmernder, sondern
solider Reichthum und innere Kraft heben
sie über die gewöhnlichen, mitunter scho»
lastisch trockenen Producte ihrer Zeit:
Alles in ihnen ist wahrer, reiner Erguß
eines andächtigen Gemüthes, und sein
ganzes mildes Sein ging einzig dahin,
eine guie, in der Ernte sich reichlich verviel-
fältigende Saat auszusäen. Von Tuma's
Compositionen ist nichts gedruckt, wenig-
stens sind gedruckte Werke dieses Meisters
nicht bekannt. Seine kirchlichen Werke
waren ihres edlen religiösen Cha-
rakters wegen sehr beliebt und wurden
von den Musikarchiven der böhmischen
und österreichischen Klöster auf das sorg»
fältigste gesammelt. I n einer der von mir
zu Rathe gezogenen Quellen, welche über
Tuma's Leben und Schaffen berichten,
wird ausdrücklich Kremsmünster ge-
nannt, welches seine Werke gesammelt
hätte. Nun suchte ick in der von Georg
Huemer herausgegebenen Monographie
,Die Pflege der Musik im Stifte Kremä-
münster" (Wels 1877, Joseph Haas,
8".) im Abschnitt „Das Musikarchiv des
Stiftes" und fand zu meiner großen
Verwunderung Tuma nur in der Rubrik
(S. 121), sozusagen neben-
bei, erwähnt. Von einer Sammlung
seiner Messen und anderen Kirchenmusik-
stücken ist auch nicht mit einer Sylbe die
Rede, eine bei der Bedeutung Tuma's
als Kirchencomvositeur auffallende und
mit obiger Notiz, daß Kremsmünster viele
zweiten Natur gewordenen Systeme zu ! Werke des Meisters besitze, conirastirende
machen; daher gewinnen auch seine! Thatsache. Außer seinen Kirchenwerken
Werke bei jeder noch so genauen Zer- wurden auch seine Symphonien e^ti-e ge-
gliederung und sind in artistisch-ästheti-
scher Hinsicht durch Classicität gestem-
pelt. Ernster, edler religiöser Charakter rühmt. Uebrigens sind die lexikalischen
Notizen über unseren Componisten, der
auch hie und da Thuma geschrieben er»
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Band 48
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Band
- 48
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon