Seite - 46 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Ullik-Vassimon, Band 49
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Unger, Franz ^
land ohne österreichischen Paß erfuhr,
wurde er festgenommen und hatte nun
sieben Monate Zeit, im Gefängnisse des
Polizeihauses über die Vergangenheit
nachzudenken. Endlich erfolgte im Juli
1824 wegen Mangels an Thatbestand
seine Befreiung aus der Haft, und nun
erhielt er auch die Erlaubniß, weiter zu
studiren. Während seiner letzten Univer-
sitätsjahre in Wien trat er mit Eble
^Bd. III, S. 416), dessen Werk „über
Haare" er mit Tafeln versah, denn er
war ein sehr gewandter Zeichner, dann
mit IacquinMd.X,S.23), Diesing
>M. III, S. 289) und Endlicher
sBd. IV, S. 44) in Verbindung. Nach
Beendigung seiner medizinischen Studien
wirkte er zwei Jahre als Erzieher im
Hause des Grafen Colloredo - Manns»
fe l d. Im Schlosse, in welchem er wohnte,
errichtete er eine Turnanstalt und gab
selbst Turnunterricht, nebenbei bereitete
er sich für die Rigorosen vor und arbeitete
an seiner Inaugural'Dissertation, welche
die anatomisch > physiologische Unter»
suchung der Teichmuschel behandelte.
s^Die wissenschaftlichen Veröffentlichung
gen Unger's folgen auf Seite 53
bis 39). Dort auch gelang ihm die erste
Beobachtung der Schwärmsporen von
( p ) ,
welche Süßwasseralge für seine späteren
botanischen Forschungen von so großer
Bedeutung wurde. Am 6. December
4827 erlangte er die medicinische Doctor»
würde. Kurz vorher war sein Vater in
ziemlich zerrütteten Vermögensverhält-
niffen gestorben. Anfangs October 4828
verließ Unger das Haus Colloredo
und ging nach Stockerau, wo er bis Mai
1830 die medicinische Praxis ausübte,
zu welcher Zeit er durch Verwendung
seines einstigen Collegen Sauter an
dessen Stelle nach Kitzbühel in Tirol als 6 Unger, Franz
Landgerichtsarzt berufen wurde. In
dieser herrlichen Alpennatur mit der
reichen Flora und dem vielgegliederten
Boden bot sich dem Naturforscher Alles,
was er brauchte. Wohl fehlten ihm
Bibliotheken und der Umgang mit Ge-
lehrten, dagegen ließ ihm die Muße
seines nicht zu angestrengten Berufes
Zeit für seine wissenschaftlichen Zwecke.
In seinem Gartchen legte er ein phyto»
logisches Clinicum an, in welchem er
Tag für Tag die an den erkrankten
Pflanzen vorgehenden Veränderungen
überwachte. Seine Schwester Johanna
führte ihm das Hauswesen, und so lebte
er ein stilles anheimelndes Forscherleben,
bis ihm der Tod Ende 1834 die Pfle-
gerin entriß. Doch nun sollten sich auch
bald seine Verhältnisse andern. Nach dem
am 31. Juli 1835 erfolgten Hinscheiden
Heyne's, des Professors am Ioanneum
zu Gratz, muhte die Lehrkanzel für Bo-
tanik daselbst wieder besetzt werden. Und
neuerlich spielte Karl Gottfried Leitner,
wie schon einmal bei Maler Tunner
Md. XI.VIII, S. 113), ein bischen
Vorsehung, indem er Unger sofort von
der Erledigung der Stelle in Kennt-
niß setzte. Aber dieser that nichts der-
gleichen, schon bewarben sich verdienst«
volle Botaniker, Fenzl, Mal)', um
den Posten, und schon stand die Ange»
legenheit so, daß denselben einer der Vor»
genannten würde erhalten haben, wenn
nicht durch Unger's persönliches Er«
scheinen im Augenblicke der Entscheidung
dieselbe zu seinen Gunsten ausgefallen
wäre. Er ließ nämlich seinen ehemaligen
Collegen Thinnfeld, welcher eben bei
der Berathung über Verleihung dieses
Postens im Ioanneum sich befand, aus
dem Amtslocale rufen und brachte ihm
mündlich seine Bewerbung vor; und
ohne Gesuch und sonst erforderliche Docu-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Ullik-Vassimon, Band 49
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Ullik-Vassimon
- Band
- 49
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon