Seite - 50 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Ullik-Vassimon, Band 49
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Unger, Franz Anger, Franz
Nun kam schon 1832 durch den Natur-
forscher Brogniar t aus Paris an
Unger die Anfrage: ob er geneigt sei,
dem Museum in Paris eine Sammlung
seiner Schliffe abzutreten? Später 1837
stellte M u r c h i s o n die Frage: um
welchen Preis Unger seine Schliffe der
fossilen Hölzer des Thüringer Waldes
dem britischen Museum überlassen würde.
Dann schrieb 1863 Brogniar t wieder,
er wünsche Unger's Sammlung von
Schliffen zu erwerben. Dieser wollte nun
der österreichischen Regierung den Vor-
rang lassen, stellte aber seinen Antrag
vergeblich, und so gelangten 430 seiner
unschätzbaren Schliffe um den armseligen
Preis von 4000 Francs in den Besitz ^
des Pariser Museums, welches dieselben
so sorgfaltig bewahrt, daß es den Fremden
deren Benützung verweigert. Im Mai
1864 trat Unger seine erste Reise nach
Dalmatien an, in Gemeinschaft Oskar
Schmidt's, der dort seine Versuche
künstlicher Schwammzucht begann; im
nächstfolgenden Jahre wiederholte er
diesen Ausflug und machte ihn im April
1866 zum dritten Male; er studirte da-
selbst die fossile Flora von Monte Pro-
mina. Schon im März 1863 hatte der
damals 63jährige Unger die Absicht,
sich vom Lehramte zurückzuziehen, seine
zunehmende Kränklichkeit zeitigte dieselbe
vollends zum Entschluß, und entgegen
allen Vorstellungen seiner Freunde kam
er nach beendigtem Sommersemester 1866
um seine Entlassung ein. Seinen Plan, den
Winter in Spanien zuzubringen, gab er
auf, dagegen folgte er im Frühjahr 1867
einer Einladung von Lesina, auf dieser
Insel seine Gesundheit zu kräftigen, und
reiste im Mai zum vierten Male, wieder
in Gemeinschaft mit Oskar Schmidt,
nach Dalmatien. Eine genaue Unter»
suchung der Insel Lesina überzeugte ihn, daß sich dieselbe besonders zum Winter-
besuche für Brustkranke und Schwächliche
eigne, und seine Wirksamkeit ging nun
darauf hin, die Bewohner der Insel zur
Herstellung der für einen solchen Zweck
erforderlichen Einrichtung zu überreden.
Erst am 14. August 1868, also nach
nahezu zweijähriger Frist, wurde Unger
seines Lehramtes in Wien enthoben, und
nun kehrte er wieder in sein geliebtes
Gratz zurück, besuchte aber im Frühling
186,9 neuerdings Lesina, wo er durch
seine eigene finanzielle Betheiligung die
Gründung einer Zooietä. ig-iOnioii. zu
Stande brachte, welche am 22. Sep-
tember dieses Jahres von der Regierung
bestätigt wurde. Indessen war er unaus-
gesetzt wissenschaftlich thätig und ver-
öffentlichte seine Arbeiten meist in den
Schriften der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften. Die vorerwähnten An>
griffe einer Partei, die mit unehrlichen
Waffen gegen ihn kämpfte, bestimmten
ihn endlich zu einer offenen und ener-
gischen Abwehr, und diese erfolgte in der
feierlichen Schlußrede, welche er am
22. Mai 1869 zu Gratz im naturwissen-
schaftlichen Vereine von Steiermark als
dessen Präsident hielt. „Wie könne die
katholische Kirche", fragt in dieser Rede
der Forscher, „sich an die Spitze der
Zeloten gegen die Errungenschaften des
Menschengeistes stellen? Wie könne sie
an geweihter Stelle mit Heftigkeit gegen
die Naturwissenschaften und deren Lehrer
zu Felde ziehen?... Das starre Be-
stehen auf Anschauungen', die dem
Kindesalter der Menschheit angehören,
sei weder dem Berufe, noch der Würde
der Kirche angemessen. Der Kirche gehöre
das Gebiet des Gefühls, nicht das der
Erkenntniß. Sie möge sich nicht an-
maßen, die Geister zu bevormunden, die
nur im Elemente der Freiheit gedeihen.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Ullik-Vassimon, Band 49
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Ullik-Vassimon
- Band
- 49
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon