Seite - 111 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Ullik-Vassimon, Band 49
Bild der Seite - 111 -
Text der Seite - 111 -
Rn^elmann 111
allem, ohne sonstige Beihilfe, Rollen ein.
in welchen sie dann auf einem in ihrem
Elternhause errichteten kleinen Theater
vor einem Kreise wissenschaftlich gebil-
deter geistvoller Männer auftrat, welche
die Darstellung stets einer strengen Kritik
unterzogen. Unter, solchen Umständen
reifte ihre künstlerische Begabung heran.
An7. März 1842, gerade zwanzig Jahre
alt, betrat sie in Stettin zum ersten Male
öffentlich die Bühne, und zwar als Luise
in Schiller's „Kabale und Liebe".
Der Erfolg war über alle Erwartung
günstig, ebenso in den folgenden Rollen,
unter denen wir Hedwig von Gi lden,
Smi l ia Ga lo t t i , Jul ie in „Romeo
und Julie" hervorheben. Der General»
intendant des HoftheaterS in Berlin,
Graf von Redern, machte nun der
jungen Künstlerin das Anerbieten, auch
an der königlichen Bühne Proben ihres
Talentes abzulegen. Und am 10. April
1842 — es war ein Gedächtnißtag ihrer
Familie, da an demselben 21 Jahre
früher ihr Großvater, der berühmte Ko-
miker Unzelmann sein fünfzigjähriges
Jubiläum als Schauspieler gefeiert hatte
— debutirte dann die Enkelin in der Rolle
der Walpurgis. Auch hier war der Er-
folg ein günstiger. Noch im September
wurde sie am Berliner Königsstädter
Theater engagirt, welches sie aber, da
ihr die Verhältnisse an demselben wenig
zusagten, schon nach einem Jahre wieder
verließ. Wahrend der Wintermonate
1843/44 spielte sie auf der Hofbühne zu
Neu-Strelitz und nahm, nachdem sie in
Hannover und Dresden Gastrollen ge-
geben, im September 1844 eine feste
Stellung am Stadttheater in Bremen
an. 1843 folgte sie einer Einladung des
Schauspieldirectors Dr. Schmidt nach
Leipzig, und schon nach ihrer ersten An»
trittsrolle, als Ju l ie in „Romeo und Julie", schloß sie einen Vertrag auf zwei
Jahre ab. Die Verhältnisse auf der Leip-
ziger Bühne ließen nichts zu wünschen
übrig; aber in ihrem Streben nach einem
größeren Wirkungskreise gab sie doch,
nachdem der zweijährige Contract abge-
laufen war, ihre Stellung in Leipzig auf
und übersiedelte nach Berlin. Im Sommer
1846 .gab sie ein Gastspiel an der kömg.
lichen Hofbühne, und sofort erhielt sie
durch den General »Intendanten von
Küstner festes Engagement, welches
von Mai 1847 bis Mitte 1849 dauerte.
I n der Zwischenzeit, 1848, wurde der
Schauspieler Joseph Wagner für die
Berliner Hofbühne gewonnen, und im
October 1849 vermalte sich Bertha mit
dem damals und später von der Frauen-
welt vergötterten Künstler. Als derselbe
1830 wiederholt ein Engagement am
Burgtheater in Wien angetragen erhielt,
folgte er noch im nämlichen Jahre zu-
gleich mit seiner Frau diesem Rufe. An
einem Abende betraten Beide, als Ham»
let und Ophelia, die Bühne. Sie
gefiel in ihrer Rolle, aber durchschlagend
wirkte sie doch erst als G reichen in
Goethe's „Faust". Ein Kritiker schreibt
hierüber: im „Faust" verdankte sie ihren
Erfolg dem Umstände, daß sie das erste
Gretchen war, da das Goethe'sche
Meisterwerk damals zuerst als Ganzes
vorgeführt wurde. Schreiber dieses be-
merkt hiezu: er hat im Leben mehr als
zwei Dutzend Künstlerinen und Schau»
spielerinen in der Rolle des Gretchen
gesehen; keine kam der Nnzelinann
nahe, sie war das geborene Gretchen in
Gestalt, Miene, Gang, Geberde, so lieb-
lich, so seelenvoll, so echt deutsch, wie sie
der Dichter geschaffen, man vergaß über
dieser Erscheinung und diesem natur-
wahren Spiele selbst die Eigenthümlichkeit
des Organs, dessen mäßiger Metallgehalt
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Ullik-Vassimon, Band 49
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Ullik-Vassimon
- Band
- 49
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1883
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon