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Märora, Heinrich ^
dem Gymnasium zu Brünn (1840 bis
4846) wurde ihm durch unnöthige
Strenge von Seite seiner Erzieher ver-
bittert. Dem aufgeweckten Sinne des
Knaben genügte bald der enge Kreis
seiner wenigen Schulbücher nicht mehr,
und er wußte sich heimlich eine außer»
ordentliche Lectüre zu verschaffen, wobei
ihm freilich auch einige streng ver»
ponte Bücher mit unterkamen, die ihn
darum nur desto mehr fesselten, so
Feuerbach's „Wesen des Christen-
thums", Rosenkranz 's „Psycho»
logie", Kant's „Kritik" u. a. Mit
Beginn der Humanitätsclassen besserte
sich auch das Er;iehungssystem, unter
welchem er bereits physisch und mora»
lisch zu verkümmern drohte. Professor
Mend gewann ihn lieb und schützte ihn
gegen die fanatischen Ausschreitungen
seiner bisherigen Erzieher. W ä. w r a !
wurde endlich der Letzteren gänzlich los, I
und nun wendeten sich seine Neigungen
der Naturwiffenschaft zu. Dies geschah
in Folge einer Anregung von Seite seines
Bruders, der in Wien die Rechte studirte,
seine Ferien aber in Brünn zubrachte
und daselbst auf Spaziergängen in Hein»
rich das Interesse an der Pflanzenwelt
zu wecken wußte. Dieser verlegte sich nun
mit allem Eifer auf das Einsammeln von
Pflanzen und fand dabei eine freundliche
Unterstützung von Seite des Dr. Klatzel,
Professors der Philosophie, der eben
daran war, des verstorbenen Professors
T h aler nachgelassenes Herbar zu ordnen.
Wäwra's rege gewordene Leidenschaft
steigerte sich allmälig so sehr, daß er die
Sommer der Jahre 1848 und 1849 bei'
nahe ausschließlich im Freien botanisirend
zubrachte, wobei er mitunter die für
die Flora Brünns selteneren Pflanzen
während ihrer Blütezeit verdeckte und
versteckte, um sie vor muthwilligen An° , Heinrich
griffen zu schützen. Nach der damaligen
Studienordnung waren Natur- und Welt»
geschichte nur für die vom Schulgelde
befreiten Hörer der philosophischen Jahr-
gänge obligat. Obwohl er dasselbe
zahlte, hörte er doch die Vorlesungen aus
der Naturgeschichte und legte bei der
Semestralvrüfung ein so bedeutendes
botanisches Wissen an den Tag, daß sich
Professor Diebl veranlaßt sah, ihn nach
abgelegtem Eramen in das Konferenz»
zimmer zu berufen, um ihn privatim zu
beloben, wobei er unter Anderem sprach:
„Ich bin alt und werde es kaum erleben,
daß mein Gegenstand den obligaten
gleich gestellt werde, aber es muß die
Zeit kommen, und vielleicht ist sie schon
durch die jetzige Bewegung (1848) ange«
bahnt, wo die Naturwissenschaft auch in
Oesterreich zu ihrer Geltung gelangen
wird. Schaffen Sie sich einen gehörigen
Fond an Wissen, er wird Ihnen unter
allen Umstanden zugute kommen."
Diese Worte übten eine nachhaltige
Wirkung auf Wä.wra aus und waren
eine der Ursachen, die ihn bestimmten,
sich dem Studium der Medicin zu widmen,
in Folge dessen er die Universität Wien
bezog. Hier eröffnete sich seinem Sammel»
eifer ein neues weites Feld, jedcn freien
Tag benutzte er zu Ausflügen in der Um-
gebung Wiens und schichtete Massen von
Pflanzen auf, in den Ferien aber unter-
nahm er größere botanische Reisen. So
besuchte er 1831 Deutschland, die Schweiz,
Belgien und die Niederlande, sandte dabei
von jeder größeren Station mächtige
Fascikel gesammelter Pflanzen nach Hause
und lernte allenthalben die botanischen
Celebritäten kennen, an welche ihn Wiener
Botaniker schriftlich empfohlen hatten.
Nach Wien zurückgekehrt, machte er sich
bald daran, die um Brünn gesammelten
Pflanzen in übersichtliche Zusammen-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Band 50
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vastag-Villani
- Band
- 50
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1884
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon