Seite - 18 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Vastag-Villani, Band 50
Bild der Seite - 18 -
Text der Seite - 18 -
, Vincenz 18 Vävra. Vincenz
Nischen und Russischen. Als er darauf in
das Studium der Jurisprudenz sich ver-
tiefte, trug er sich mit dem Gedanken,
einst eine Professur in diesem Fache zu
bekleiden. Er wollte über das slavische
Recht Vorträge halten und war auch,
um sich dafür vorzubereiten, einer der
fleißigsten Besucher der Müseumsbiblio-
thek, in welcher er reiche Materialien für
seine Zwecke vorfand. Gleichzeitig befaßte
er sich viel mit kritischen Arbeiten, welche
er für die „Kvet)-" schrieb, und war
nebstbei noch an der Museumszeitschrift
thätig. Mit Nebeskv, Cejka und
Hof trat er für die Gleichberechtigung
der Juden ein, und während die Ersteren
zwei diese Frage vom philosophischen
Gesichtspunkte beleuchteten, behandelte er
mit Letzterem dieselbe vom politischen.
Während seiner Studien war, wie sein
Biograph wörtlich schreibt: „V^vra
der nationale Agi tator" im wahren
Sinne des Wortes, und in den Jahren
1843—1847 entwickelte er eine große
Thätigkeit in der Gründung öechischer
Vereine, vornehmlich unter den Arbeitern,
und diese Vereine richtete er in ihren
Abzeichen, Fahnen und Emblemen ganz
nach nationalem Zuschnitte ein, wie dies
schon in den Namen, welche er ihnen
gab: „Otakar", ,,^i2ka", „Karl IV."
u. s. w. auf den ersten Blick sich zeigt.
I n den Gasthäusern veranstaltete er
wöchentliche Versammlungen, in welchen
man sang, declamirte, vor Allem aber
politisch kannegießerte. Das damalige
Regierungssystem bildete den Gegenstand
der Debatte, und daß es bei derselben
unter Leitung Vavra's schlimm genug
wegkam, braucht nicht erst ausdrücklich
gesagt zu werden. Dabei verfolgte er
neben n a t i o n a l e n Tendenzen auch
demokra t ische, und wie in ersteren,
so erwies er sich in letzteren vollkommen zu Hause. Auch wirkte er als Mitglied
eines geheimen Vereines, der verbotene
Zeitungen hielt und in den Besitz Alles
dessen zu gelangen wußte, was in den
Censurverzeichnissen als beanstandet und
verpönt bezeichnet war. Nachdem er
184? das Studium der Rechte beendet
hatte, bereitete er sich auf das juridische
Doctorexamen vor. Aber an dem Tage,
an welchem er sich meldete, daß man ihm
den Termin der Prüfung bestimme,
brach in Paris die Revolution aus.
Vävra war Mitglied einer Gesellschaft
Namens Repeal, welche, einige Jahre
zuvor nach dem Muster der von O'Con-
nel 1830 in Dublin zu dem Zwecke der
Auflösung der legislativen Union Irlands
mit Großbritannien gegründeten Repeal
Association in Prag gebildet, entschieden
demokratische Ziele verfolgte und ihre
Zusammenkünfte im Gasthause „Zur
Wage" abhielt. Daß die Pariser Revo-
lution nicht ohne Einfluß auf den Kaiser»
staat bleiben werde, erkannte man in der
Gesellschaft sofort; darauf mit allen
Mitteln hinzuwirken, war alsbald be°
schlossene Sache ihrer Mitglieder, und
so kam am 11. März die denkwürdige
Versammlung im St. Wenzelsbade zu
Stande. Als sich die berüchtigte Bande
„ävoi-il^t" bildete, trat Vävra in die-
selbe ein und wurde Rottenmeister und
Ehrenmitglied ihres Ausschusses. Sein
nächstes Augenmerk darauf richtend, eine
starke und compacte politische Partei zu
schaffen, arbeitete er mit Gauö Statuten
aus, und so ging aus einer Versammlung
der Repcal-Gesellschaft der Verein „8Io>
vLiil>kä Orlios", d. i. Der slavische Adler, -
ganz auf demokratischer Grundlage her-
vor. Gedruckte Einladungsschreiben be>-
'riefen ins Wenzelsbad zur feierlichen Con-
stituirung des Vereines. Aber auf Vor-
schlag Ludwig 8tür's, der eben damals
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Band 50
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vastag-Villani
- Band
- 50
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1884
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon