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Mawra, Wenzel Thomas 23 Mawra, Wenzel Thomas
Organisten frei wurde, sollte er dieselbe
erhalten. Aber Intriguen vereitelten das
Project, und Wenzel, den der Vater
als armer Schullehrer nicht studiren
lassen konnte, kam zu seinem Großvater
mütterlicher Seits, Wenzel Rubisch,
welcher im Städtchen Iechnitz des Saatzer
Kreises eine Lehrerstelle bekleidete. Dort
erlernte er zunächst die deutsche Sprache,
und da er im Orgelspiele und selbst in der
Theorie der Musik weit vorgerückt war,
machte er sich in Kurzem die Behandlung
verschiedener Instrumente, und zwar des
Violons, Violoncello, der Oboe, Flöte,
des Fagots, Horns und der Trompete, in
ganz vorzüglicher Weise eigen. Sein aus-
gesprochenes nicht gewöhnliches Musik-
talent, verbunden mit einem trefflichen
musikalischen Gedächtniß, setzte ihn in den
Stand, ein längeres Tonstück nach mehr-
maliger Wiederholung ohne Vorlage Note
für Note genau nachzuspielen. Nach dem
Tode seines Großvaters kehrte er 1779
zu seinem Vater zurück und beschäftigte
sich nun einige Zeit mit Nnterrichtertheilen
in Musik und deutscher Sprache. 1780
kam er mit eine'.n Iahrgehalte von 12 fl.
bei freier Wohnung und Kost als Schul-
gehilfe nach Friedberg, einem an der
österreichischen Grenze gelegenen Stadt'
chen, dessen Pfarre dem oberösterreichischen
Prämonstratenserstifte Schlögl unterstand.
Wahrend er aber neben dem Schul» und
Meßnerdienste noch recht fleißig Noten
und Partituren für seinen Lehrer copiren
mußte, kam es oft genug vor, daß er sich
nicht satt essen konnte. Indeß, der Pfarrer
und Caplan nahmen sich väterlich des
tönebeslissenen Schulgehilfen an, und er
wurde bald ein Liebling derselben und
auch der Bürgerschaft, in deren Familien
er oft als gern gesehener Gast seinen
Hunger stillte. Als im Städtchen eines
Tages eine größere kirchliche Festlichkeit gefeiert wurde, zu welcher auch viele
Lehrer und Priester aus der Nähe und
Ferne gekommen waren, erregte er durch
sein schönes Orgelspiel allgemein« Be°
wunderung. Nun erhielt er angesichts
seines geizigen Lehrers die vortheilhaf»
testen Anerbieten, welche er jedoch, da
seine Verhältnisse in Friedberg sonst nichts
zu wünschen übrig ließen, cillesammt ab-
lehnte. Erst im März 1782 nahm er eine
Stelle zu St. Johann in Oberösterreich
an, wo er aber nach kaum sechswöcheut«
licher Anwesenheit durch eine Feuers»
brunst seine ganze Habe und seine reiche
Sammlung von Fugen, Präludien, Par»
tituren und seine eigenen Kompositionen
einbüßte. Gute Freunde halfen ihm zum
Theile aus seiner Noth und ermöglichten
ihm den weiteren Aufenthalt in St. Io«
hann, bis er gegen Ende 1783 als Stifts»
musiker und Tafeldecker — es gab damals
in den Stiftern und Abteien ganz eigen»
thümliche Bedienstungen — im Stifte
Schlögl angestellt wurde. Acht Jahre
brachte er in demselben zu, erfreute sich
der besonderen Gunst seines Abtes, com-
ponirte neben kleineren Tonstücken auch
eine größere Symphonie, welche, zur Auf-
führung gebracht, großen Beifall erntete.
Während des Aufenthaltes in Scblögl
horte er viel von der Pflege der Musik im
Stifte Kreinsmünster erzählen, und wie
in dem dortigen Museum Jünglinge,
welche Talent für Musik besäßen, als
Zöglinge unentgeltliche Aufnahme fünden
und gründlichen Musikunterricht erhielten.
Seit 'er davon gehört, verließ ihn der
Gedanke, nach Kremsmünster zu kommen,
nicht mehr, und endlich fand er im Herbst
1791 Aufnahme daselbst. Der Uebergang
aus der Fülle im Kloster Schlögl in die
beschrankteren Verhältnisse zu Krems-
münster, wo er als Zögling des Museums
doch so Manches entbehren mußte, war
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Band 50
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vastag-Villani
- Band
- 50
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1884
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon