Seite - 65 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Vastag-Villani, Band 50
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Pega Vega
einem Schreiben vom 11. September dem
Buchhändler I . V. Degeu in Wien über-
schickte und überließ. I n der zweiten Hälfte
des September verschwand er plötzlich,
ohne daß man vermuthen konnte, wohin
er gegangen. Nachdem man neun Tage
vergeblich nach ihm geforscht hatte, fand
man ihn am 26. September 1802 todt
in der Donau mittels eines dünnen
Strickes an einen Pfahl angebunden.
Sein Neffe Georg, der Sohn seiner
Schwester Mar ia verheirateten Pe»
terka, eilte auf die Schreckensfunde
nach Wien und erzählte heimgekehrt,
was er dort vernommen: Vega, der
wegen seines Genies und wegen seiner
Erhebung in den freiherrlichen Stand
von vielen beneidet und gehaßt wurde,
sei am 47. September mit einem Freunde
aus Wien ausgefahren, um die zu einem
Ausmarsche erforderlichen Pferde einzu»
kaufen, aber dieser sein Freund sei von
mehreren hochgestellten Herren durch Be»
stechung zur Verübung des Mordes ver«
leitet worden, denn nach jener Ausfahrt
habe man Vega nicht mehr gesehen.
Längere Zeit glaubte man an dieses ab-
geschmackte Bravo-Märchen. Anderseits
sprach man sogar von einem Selbst»
morde und fand in Vega's oft getrübter
Heiterkeit seines Wesens und in dem
Umstände, daß seine Verhältnisse nicht
die glänzendsten waren, die Ursachen
dieser That. Da führte zu Beginn des
«Jahres 1811 ein Zufall zur Entdeckung
des Mörders. Ein österreichischer Artil»
lerist, der während des Krieges 1809 bei
einem Müller, unweit Nußdorf vor den
Linien von Wien im Quartier lag,
wünschte für den Augenblick einen Zirkel.
Der Müller äußerte, daß er einen solchen
besitze und brachte denselben auch so»
gleich herbei. Da der Artillerist dies
Instrument wegen dessen Feinheit sehr
v. Würz dach, biogr. Lerikon. 1 .^ ^Gedr. 21. lobte, so machte ihm der Quartierherr ein
Geschenk damit. Ein Officier, welchem der
Artillerist lange nachher den Proportional-
zirkel zeigte, erkannte ihn sogleich als
ehemaliges Eigenthum Vega's, da
dessen Name in demselben eingegraben
war. Der Müller wurde hierauf sofort in
Untersuchung gezogen und gestand auch
bald, daß er Vega ermordet habe. Er
besaß nämlich zu jener Zeit, als Letzterer
mit einem Male verschwand, einen
Schimmel, welchen derselbe zu kaufen
wünschte, da er bereits einen völlig ahn»
lichen hatte. Wiederholt machte der Frei-
Herr dem Müller ganz annehmbare Aner-
bietungen, welche aber dieser immer aus-
schlug, weil er sich eben des Thieres
nicht entäußern wollte. Da kam Vega
eines Tages wieder zum Müller, suchte
ihn aufs Neue zum Verkaufe des Schim-
mels zu bewegen und hielt ihm eine mit
blanken Ducaten gefüllte Börse vor. Das
Gold weckte mit einem Male des Müllers
Habsucht, dieser stellte sich zum Verkauft
willig, führte den Oberstlieutenant in die
Nähe des Stalles über einen Steg, und
hier schlug er den Vorangehenden mit
einem Prügel in den Nacken, daß der
Getroffene sofort zu Boden stürzte. (5r
nahm seinem Opfer nun Geld, Uhr und
ein mathematisches Portefeuille ab und
warf den Leichnam in die Donau. Damit
widerlegen sich alle Angaben, daß der
Müller aus Rache über die Verkürzung,
welche ihn ob Vega's Maß- und Ge»
Wichtssystem getroffen, u. dgl. m. die
That begangen habe. Es war ein ganz
gewöhnlicher Raubmord an dem berührn-
ten 49jährigen Mathematiker verübt
worden. I n der verhältnißmäßig kurzen
Spanne seines Lebens hat es doch dem
genialen Denker und Rechner an Ehren
nicht gefehlt. Welche Auszeichnung er sich
durch seine Tapferkeit erwarb, wurde
April 1884.) 3
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Band 50
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vastag-Villani
- Band
- 50
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1884
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon