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Veith, Johann Emanucl ß
erhielt Vei th die Stelle des zweiten
Dompredigers bei St. Stephan, die er
bis zum 16. März 1843 versah und
dann, da er sich erschöpft fühlte und dem
Amte physisch sich nicht mehr gewachsen
glaubte, niederlegte. Er wurde mit 800 st.
pensionirt, welchen Betrag die Hofstelle
ihm zuwies, nachdem das Konsistorium
nur 400 fl. angetragen hatte! Daß in
körperlicher Schwache nicht die eigentliche
Ursache seines Rücktrittes liegen konnte,
erhellt einfach aus der Thatsache, daß er
noch in den späteren Jahren, so 1832
und 1838 in der Minoritenkirche zu Prag,
183? und 1838 in der Pfarrkirche zu
den neun Engelchören in Wien, daselbst
1862 und 1863 in der Capucinerkirche >
und dann noch später in der Stadtpfarr»
kirche zu St. Peter als Kanzelredner,
und zwar in höchst anstrengender Weise
auftrat. Vielmehr erscheint die Nachricht, !
daß die Mitglieder des Ordens ihm seinen
Austritt nie verzeihen konnten und nur
auf eine Gelegenheit warteten, ihn zu!
stürzen, sehr glaubwürdig. Und eine ^
solche fanden sie auch, als sie die von!
ihm im Jahre 1844 herausgegebenen!
„Gesammelten Erzählungen und Humo-,
reäken" nicht mit der Brille des Kritikers,
sondern mit der Verfolgungssucht des
Inquisitors untersuchten und darin eine
Stelle fanden, die ihrer Auslegung zu-
folge Veit's Unwürdigkeit zu einem so
wichtigen Predigtamte beweisen sollte.
Und was diese Partei wollte, gelang ihr
auch: er legte das Amt nieder. Aber
noch 31 Jahre waren ihm beschieden,
und er blieb während derselben nicht
müßig, sein sporadisches Auftreten als
Fastenprediger und die unten folgende
Uebersicht seiner Werke, seine zahlreichen
Missionen an verschiedenen Orten und
seine Predigten geben einen Beweis dafür.
Außer einem zweifachen Kranze von Ho» i) Johann Emanuel
milien schrieb er eine stattliche Reihe von
Werken, deren jedes ein bestimmtes
Thema nach allen Seiten durchführte.
Auch den Ereignissen des Bewegungs-
jahres 4848 stand der damals 61jährige
Priester nicht thatlos gegenüber. Er ver-
band sich mit I)r. M. A. Becker zur
Herausgabe eines Blattes, betitelt: „Auf-
wärts". Ein Volksblatt für Glauben,
Freiheit und Gesittung. Herausgegeben
vom Katholikenverein. Dasselbe begann
bei del. immer mehr steigenden Bewegung
am 3. Juli g. I . zu erscheinen und
endete am 14. October mit der dreißigsten
Nummer. Nur trat am 4. October mit
Nr. 27 als Redacteur an Stelle Be cker's
Dr. I .P. Kalten back ein. Minder glück-
lich war Veith mit einem zweiten jour-
nalistischen Unternehmen, welches er einen
Tag nach dem grauenhaften 6. October
wieder gemeinschaftlich mit I . P. Kalte n»
bäck vom Stapel laufen ließ. Es war der
„Oesterreichische Volksfreund", welcher
als Wochenblatt ersckeinen sollte, es aber
nicht über die erste Nummer brachte. Auch
einen schweren Gang zu thun, war Vei th
vorbehalten. Am 13. November ging er
zu Messenhauser, welcher ihn zu sich
gebeten hatte. Zur Vollendung seines
Charakterbildes haben wir nur noch
Weniges hinzufügen. Bereits oben be«
merkten wir, daß er sich als Arzt zur
Homöopathie hinneigte und diesem System
auch treu blieb. Durch die Euren, die er
mit dieser Heilmethode insbesondere zur
Cholerazeit ausgeführt hatte, mag er
nicht wenig zur Ausbreitung dieses von
den Aerzten mit scheelen Blicken betrach-
teten Systems beigetragen haben. Er
würde ein reicher Mann geworden sein,
wenn er seine ärztlichen Dienste gegen
Entgeli ausgeübt hätte. So aber behan-
delte er die Kranken nicht als Arzt, son-
dern als — Menschenfreund. Für seine
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Band 50
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vastag-Villani
- Band
- 50
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1884
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon