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Veit) Wenzel Heinrich 96 Veit, Wenzel Heinrich
Perle das ehemalige Iunker'sche Haus
— merkwürdiger Weise dasselbe, in
welckem Friedrich von Schiller im An-
fange des Jahrhunderts auf der Durch-
reise einmal übernachtet — einschloß;
und doch wird der Fremde einst mit
Pietät die Räume aufsuchen, in welchen
Veit seine berühmte Messe, seine große
Symphonie und andere Werke der letzten
Periode schrieb". I n Leitmeritz blieb er
bis zu seinem schon zwei Jahre später im
Alter von erst 38 Jahren erfolgten Tode.
Dies ist der einfache Rahmen, welchen
Veit 's Beamtenlaufbahn umschließt.
Obwohl wir es hier vornehmlich mit dem
Musicus und Comvonisten Ve i t zu
thun haben, so gedenken wir doch im
Hinblick auf seine Beamtenlaufbahn noch
eines Nekrologs, in welchem es wörtlich
heißt: „Zur Vervollständigung seines
Bildes ist noch zu erwähnen, daß er seine
Acten mit ebenderselben Gewissenhaf»
tigkeit, mit jenem pünktlichen Fleiße be>
handelte, wie seine musikalischen Arbeiten.
Ich gestehe, daß ich bei seinen Vortlägen
am Rathstische ganz unwillkürlich an
seine Quartette dachte, dieselbe Klarheit,
Vollendung, Genauigkeit bis ins kleinste
Detail und selbst Eleganz — soweit ein
richterliches Enunciat nebst Entschei»
dungsgründen überhaupt diese Eigen-
schaft zulaßt. Vor seiner rastlosen Pflicht»
treuen Thätigkeit trat jetzt seine geliebte
Tonkunst zurück. Als August Schmidt
M . XXX, S. 219). der Redacteur der
„Wiener Musik-Zeitung", unseren Veit
in Prag aufsuchte, konnte er vor Er«
staunen
sich nicht fassen, als er bei seinem
Besuche den vermeinten „Musiker" hinter
Actenftößen vergraben in eifriger Arbeit
fand. „Es ist erstaunlich", rief er, „der
Mann ist nebenbei berühmter Kunst-!
ler!". Veit starb im Wortverftande mit l
der Feder in der Hand, wie der Soldat auf dem Schlachtfelde mit dem Schwerte
in der Hand fallt — pflichttreu bis zum
letzten Athemzuge. Kehren wir nun zu
V e i t dem berühmten Componisten
zurück, der Wenige seines Gleichen hat.
Schon während seines ersten Aufenthaltes
in Leitmeritz als Studiosus gab er seinem
musikalischen Schaffenstriebe nach. Er
componirte damals mehrere Kirchen»
fachen, von denen eine Cantate zu Ehren
des Bischofs Mi lde sich bis auf die
neuere Zeit erhalten hat und noch dann
und wann auf dem Lande als Osfer-
torium aufgeführt zu werden pflegt. Als
er spater nach Prag kam, begann er
seine Componistenlaufbahn mit Tanz-
musik und machte sich insbesondere durch
mehrere Ouvertüren und Entreactmusik-
stücke. die er als Mitglied des St. Niclas-
theaters für dieses componirte, bemerkbar.
Da nahm im Jahre 1833 seine bis dahin
mit ebenso großer Aufopferung als Be<
scheidenheit verfolgte Componiftenlauf-
bahn eine ganz unerwartete Wendung.
Bei den Quartetten im Hause des Vice-
bürgermeisters Keller spielte er die
Viola. Die damals von Allen geschätzten
Compositionen Onslow's, besonders
dessen Quintette erregten Sensation und
eiferten den bescheidenen Bratschisten an,
sich einmal auf gleichem Felde zu ver-
suchen. Er schrieb das „^-no^-Quintett"
für zweiCelli (0p. 4). Professor Ioh.V.
Hüttner M . IX, S. 409, in den
Quellens der auch an diesen Quartetten
mitzuwirken pflegte, setzte sich mit nur
geringen Erwartungen für das neu auf-
tauchende Talent zu seinem Pulte. Aber
diese vorgefaßte Meinung wich mit jedem
neuen Satze, erst einem Staunen, dann
einem gerechten Wohlgefallen Platz
machend, und nachdem das Quintett zu
Ende gespielt war, packte er die Stimmen
zusammen und ging damit sogleich zu
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Band 50
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vastag-Villani
- Band
- 50
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1884
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon