Seite - 100 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Vastag-Villani, Band 50
Bild der Seite - 100 -
Text der Seite - 100 -
t) Wenzel Heinrich 10tt it) Wenzel Heinrich
gespieltes Quintett Veit's in seiner ganzen
Pedeutenheit würdigten und für seine Ver«
breitung im Publicum Sorge trugen. Aber
auch das Ausland ließ nicht lange mit seiner
Anerkennung warten. Schon <838 nahm der
geniale Robett Schumann von den Arbeiten
Veit's theilnehmend Notiz, nachdem er dessen
zweites Quartett (0i>. ä) kennen gelernt
hatte, worüber er sich eingehend äußerte ^man
vergl. Schumann's gesammelte Schriften
Bd. I I , S. 6U). Auch über Veit's Lieder«
compositionen sprach er sich an anderer Stelle
^ebd. Vd. I I I , S. 266? in ungemein warmer
Weise aus. Wie Bernhard Gut t das seltene
Talent Veit's zu würdigen verstand, wurde
sclion in der Lebensskizze angedeutet. Ein MuNk»
kritiker in der „Vohemia" (es wird wohl der
geistvolle Amoros sein) sagt daö Treffendste
über unseren Tonsetzer, indem er schreibt: „Veit
gehörte als Componist bekanntlich der M en»
del ssoh n'schen Richtung an, war aber einer
der begabtesten und edelsten ihrer Vertreter.
Nie rasch sich auch. die Umschwungsphasen
des modernen Kunstlebens gestalten — wir
erinnern nur an den noch immer tosenden
Widerstreit der binnen den letzten vier oder
fünf Decennien aufgetauchten maßgebenden
Factoren unserer Musik: Mendelssohn,
Schumann, Wagner — ihre berechtigten
Elemente des wahren Schönen behalten ihre
Geltung, trotz des hochflatternden Banners
sogenannten überwundenen Standpunktes,
das gewisse rast« und planlos vorwärts
schreitende Dränger so gern entfalten. Die
keusche und edle Muse Veit's wandte sich
stets mehr der tief innerlichen Gefühlsseligkeit,
der Grazie und Formenschönheit tonlichen
Ausdrucks, als der grübelnden Skepsis oder
den Manifestationen wilder Energie, leiden«
schaftlicher Aufregungen zu. Obwohl ihm die
Fähigkeit, Großartiges, Erhabenes und Be.
deutendes mit glänzenden Tonfarben zu
malen, nicht versagt war, wie mehrere Ein»
zelbeiten in seinen Werken beweisen, so be<
wcgte sie sich doch zumeist in einem bestimmten
Kreise, diesen beherrschte er aber mit einem
Talente und mit einer Meisterschaft, die ihm
die höchste Achtung und Sympathie nicht!
nur seiner Heimat, sondern der ganzen Musik« !
welt schon bei Lebzeiten eroberte. Was die!
letztere, die wärmende anziehende Sympathie !
betrifft, so kann man V e i t nur mit!
Mende lssohn vergleichen, den man ja
ob seiner Anziehungskraft den liebenswürdigen
Tonpoetm Fa.? exoellonl:o nannte. Auch im ! socialen Leben bewahrte Veit diese Aehn<
lichkeit eines jetzt so seltenen Künstlercharak»
ters. Gewissen, seinem innersten Künstler«
naturell widerstrebenden oder unfaßbaren Be-
strebungen und Thaten gegenüber verhielt er
sich stets mit jener wahrhaft künstlerisch be»
scheidenen Reserve, welche der vollsten Achtung
vor fremdem Talent und Genie auch nicht
das Geringste zu entziehen wagt. Vei t war
im edelsten Sinne, was Goethe irgendwo
An empf inden nennt, eine zartempfäng«
liche Natur, die sich vom Schönen, das sie
kennen lernt, durchdringen und bestimmen
läßt, wie eine Blume von Sonnenlicht
und Sonnenwärmc durchdrungen wird, um
selbst desto schöner aufzublühen. Spohr'ö
elegische Schwärmerei, Onslov's sprühende
Vrillantfeuerwerke konnten nicht verfehlen,
den jungen Kunstnovizen im Innersten an»
zureden. Seine ersten Arbeiten im Quartette
zeigen deutl'ck die Spuren -jener Anregung,
aber er ist dennoch kein Spohrianer oder
Onslovianer, er schreibt nicht ab, er copirr
und imitirt nicht einmal, er redet aber nur
die Sprache, die ihn seine Vorbilder gelehrt,
und in dieser Sprache sagt er Eigenes und
Bedeutendes". — Auch das B e r n s d o r f f<
Schladeba ch'sche „Neue Universal'Lerikon
der Tonkunst" gibt ein kurzes, aber zutreffen'
des Urtheil über Veit — e'ne in dieseiu
Werke nicht eben zu häufiae Erscheinung —.
„Veit's Talent und Streben", heißt es da,
„sind der Art. daß man bei ihm den Begriff
„„Dilettant"" nur im h ochsten Sinne zu
fassen hat: er treibt die Musik zwar nicht aus
Profession, aber er ist so weit mit ihr ver«
wachsen, daß sie den Haupttheil seiner geisti<
gen Eristenz ausmacht, und bringt ihr ein s»
ernstes Wesen und Wollen entgegen, daß er
in die Kategorie der blos dilettirenden
„„Vergnüglinge"" nicht zu rechnen ist. Scm
Talent selbst ist ein glückliches und wird von
sorgfältiger Ausbildung getragen; er erfindet
mit Leichtigkeit, Anmuth und Noblesse, be«
herrscht die Form nach allen Seiten hin und
handhabt die inneren und äußeren Kunstmittel
mit Sinn und Gewandtheit".
IV. Vcit's Grabdenkmal. Zwei Jahre nach dem
Tode unseres Tondichters fand die Enthül-
lung des Denkmals statt, welches ihm seine
Freunde und Verehrer auf seinem Grabe im
Leitmeritzer Friedhofe hatten errichten lassen.
Das Denkmal stellt eine granitene Pyramide
vor mit einem 1 Fuß w Zoll hohen, i Fuß
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Band 50
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vastag-Villani
- Band
- 50
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1884
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon