Seite - 128 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Vastag-Villani, Band 50
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Permond 128 Vermond
daselbst um 1736, gest. zu Wien
um 1798). Der Sohn eines Dorfbar,
biers, widmete er sich dem geistlichen
Stande und wurde Doctor der Sorbonne!
und Bibliothekar am Ooiiö^s >l^Hrin
zu Paris. Nachdem die Politik die
Tochter Maria Theresias, die Erz«
Herzogin Marie Antoinette, zur
Gemalin des Dauphins, nachmaligen
Königs Ludwig XVI. von Frankreich,
ausersehen hatte, wurde es nöthig, die
Braut vorzubereiten für ihre künftige
Stellung in einem ganz fremden Lande
und unter Verhältnissen, welche jenen am
kaiserlichen Hofe diametral entgegen»
geseht waren. Es genügte ihre Erziehung i
durch heimische Lehrer nicht mehr, und!
man war bedacht, sich nach einem Fran- !
zosen umzusehen, welcher für diese Siel-
lung paßte. Der Herzog von Choiseul!
wendete sich in dieser wichtigen Ange- !
legenheit an Lomenie de Brienne,
Erzbischof von Toulouse, und dieser
empfahl der Kaiserin seinen Schützling
AbböVermond. Derselbe fand in Wien !
die schmeichelhafteste Aufnahme und
wußte sich bald eine solche Herrschaft
über seinen Zögling zu verschaffen, daß
er später fast alle Handlungen der Koni»
gin bestimmte und leitete. Er schrieb fast
alle ihre Briefe, genoß ihr volles Ver»
trauen und bestärkte sie in dem Wider»
willen gegen die Sitten des französischen
Hofes. Ueber die Art und Weise, wie es
ihm gelang, die junge Erzherzogin so
mächtig zu beeinflussen, gehen die Be-
richte auseinander. Nach Einigen fand
er namentlich Gefallen an der großen Ein»
fachheit und Ungebundenheit, welche an
Maria Theresias Hofe herrschten, und
sein Hauptbestreben ging dahin, in seiner
jungen Elevin ähnliche Neigungen zu >
erhalten und möglichst zu verstärken, was
denn doch im Hinblick auf die am könig- lich französischen Hofe herrschenden Sitten
nicht eben ganz klug gewesen sein mag.
Nach Anderen hätte er affenartig Alles gut
geheißen, was die Erzherzogin sprach und
that, kein Mittel unbenutzt gelassen, sich
in die Gunst der Kaiserin zu sehen, was
ihm denn auch vollständig gelang, und
so mit jesuitischen Mitteln allmälig die
Oberhand gewonnen und weniger die
lebhafte geistvolle Erzherzogin wirklich
zu erziehen, als seine eigene Stellung
unter allen Umständen zu sichern und zu
befestigen gewußt. Als dann im Früh-
ling 4770 Marie Antoinette ihrer
Bestimmung nach Paris entgegenging,
folgte ihr Vermond dahin, wurde nach
ihrer am 10. Mai 1770 vollzogenen
Vermälung mit dem Dauphin Ludwig
ihr Vorleser, zuletzt ihr Beichtvater und
erfreute sich nach wie vor des größten An-
sehens und Vertrauens bei der am fran»
zösischen Hofe vereinsamt stehenden
Dau^
phine. Die steifen Formen des franzö»
fischen Hofes wurden der jungen Königin
bald lästig. Doch waren dieselben beiden
bestehenden Verhältnissen nicht entbehr»
lich, vielmehr geradezu nothwendig: denn
bei dem bekannten Hange der Franzosen
zur Spötterei und ihrer Sucht, Alles ins
Lächerliche zu ziehen, hielten sie gewisser-
maßen die zu scharf sehenden Augen in
einer gewissen Entfernung und lästige
Forscher im gehörigen Respect. Wohl
ließ es die Gräsin von Noail les, die
Ehrendame Marie Antoinettes, an
langen Reden über Etiquette nicht fehlen.
Da aber Vermond dieselben ins Lacher-
liche zog und die Dauphine in dem Abbe,
ihrem weltlichen und geistlichen Berather,
ihre Hauptstütze fand, so machte
sie
sich
allmälig von den Banden des Ceremo»
niells los, wodurch sie, wenn auch unab«
sichtlich, zunächst zur Erschütterung eines
Thrones beitrug, dessen Glanz zum
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Band 50
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vastag-Villani
- Band
- 50
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1884
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon