Seite - 139 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Vastag-Villani, Band 50
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Verri, Alessandro
Alexander am 2. October 1766 das
Geleit nach der Seinestadt, wo auch sein
Name durch die Artikel im Journal
„Otkö" nicht mehr ganz unbekannt war.
Nach einer Reise von 16 Tagen, auf
welcher er mit den Schrullen und Launen
des ängstlichen Freundes, der immer >
wieder umkehren wollte, nicht wenig zu ^
kämpfen hatte, langten die beiden Mai«
länder Jünglinge in Paris an, wo sie mit
einem Triumphe ohne Gleichen empfangen
wurden. D'Alembert, Diderot, Hel-
vetius, M a r m o n t e l , Abbä Morel-
let, der Uebersetzer des Werkes von ^
Beccaria, Baron Holbach, kurz die!
ganze Schaar der unter dem Namen!
„Encyklopädisten" bekannten großen' Verri. Alosftndro
Geister der Seinestadt that sich zusammen.
um der Reihe nach die beiden watschen
Denker zu feiern und zu bewirthen. Aber ^
Alexander, so jung er war, sah die
Dinge mit nüchternen Augen an und
fühlte sich, wie wir aus Briefen seiner
Hand erfahren, bald von diesem Getreide i
übersättigt. Nicht volle sieben Wochen
verweilten Verr i und Beccaria in
Paris, als Letzterer, vom Heimweh er«
griffen, erklärte, nicht länger bleiben zu
wollen: Ersterer dagegen, in seinem
Dränge, Lander und Menschen kennen 5
zu lernen, beschloß, auch England zu be°!
suchen. So trennten sich die Freunde,
und wahrend Beccaria auf der Heim« !
reise begriffen war, segelte Verr i über!
den Canal. I n London trat Alexander l
mit den Koryphäen jener Tage in Ver- >
kehr, lernte den nachmals so berühmt ge°
wordenen Volksredner Fox kennen, stu«
dirte mit Eifer die Eigenthümlichkeiten
des Insellandes und schrieb darüber aus»
führliche Briefe an seinen Bruder Peter
nach Mailand. Derselbe wollte auch
1768 diese inhaltreichen Briefe drucken
lassen, aber Alexander wehrte sich. auf ^ die Menge von bereits erschienenen Reise-
beschreibungen über England hinweisend,
auf das entschiedenste dagegen. Von
London trat Verr i die Rückreise nach
Italien an, ging aber nicht in geradem
Wege heim, sondern besuchte Genua,
Iivorno, Toscana und zuletzt Rom, wo
er 1767 ankam. Dort lernte er die Mar»
chefa Margharita Sparapani di Ca>
merino, welche mit Marchese Bocca»
padule Gent i l i vermalt war, kennen,
und bald fesselten ihn die innigsten
Bande der Freundschaft, welche nur der
Tod loste, an diese geistvolle Dame.
Dieselbe war eine große Freundin der
Wissenschaften, und namentlich zogen die
Naturwissenschaften sie an, sie besaß auch
in ihrem Palazzo ein naturhistorlsches
Cabinet. Mit ihr zugleich hörte er nun
in Rom bei den ??. Iacquier und Je
Seur, welche sich durch ihre Commentare
der Schriften Newton's bekannt ge-
macht, die Vortrage über Physik, welcher
Gegenstand ihm bei seinen bisherigen
Studien völlig fremd geblieben war. Der
Salon der Marchese vereinigte Alles,
was die ewige Stadt an ausgezeichneten
Männern aufzuweisen hatte. Diplo»
maten, Künstler, Gelehrte, fremde wie
heimische, fanden sich da ein, und Verr i
stand nun mitten in einem Leben, das
ihn, wenn auch neu, doch durch die an-
regenden Elemente, die es enthielt,
anheimelte. Zu dieser Zeit trug er sich
mit dem Gedanken, seinen bereits er-
wähnten 7,8^^10 äi ätoi-ia ä/Italia."
auch drucken zu lassen. Er schickte das
Manuscript an die Druckerei Col te l l in i
in Livorno. Aber da ihm der feurige
Ton, den der Jüngling in dem Werke
ange chlagen hatte, mit den herrschenden
Ansichten der Gesellschaft, in welchec er
sich jetzt bewegte, nicht zusammenzu»
stimmen schien, da er besorgte, mißver-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Band 50
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vastag-Villani
- Band
- 50
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1884
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon