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Michael 261 Viale-Prel^ Michael
wirken, auf welchem er sich die Sym-
pathie der Bevölkerung in seltenem Grade
zu erwerben wußte. Bei seinem Tode
gaben sich, wie es in Italien üblich, die
Beweise der großen Theilnahme für den
Hingegangenen in allen Schichten der
Bevölkerung kund, die Bewohner eines
Dorfes seiner Diöcese erbaten sich ein
Taschentuch des Cardinals, worauf sie
es unter sich vertheilten. Uebrigens hatte
er selbst angeordnet, daß seine Bestat«
tung in einfachster Weise' stattfinde. Der
Municipalität, den Professoren, Beamten
und Mitgliedern der Akademie wurde
die Theilnahme am Leichenbegängnisse
von Seite der piemontesischen Behörden
verboten. Dieser Insult, den man noch
der Leiche des Kirchenfürsten anzuthun
keinen Anstand nahm, erklärt sich einfach
aus der Sympathie des Cardinals für
Oesterreich, welche er nie verleugnete.
Er galt in Italien als Auftriacante schon
zu einer Zeit, wo diese Benennung noch
nicht die volle Gehässigkeit in sich schloß,
die ihr spater von der revolutionären
Partei mit Nnscbluß der Dynastie, welche
durch die Revolution ans Ruder kam,
gegeben wurde. Aus seinem Abscheu vor
den Bestrebungen der Revolution, die
eine Zeit lang in Italien das herrschende
Tempo war, machte er nie ein Geheim»
niß, und so wich er nicht um eines
Fingers Breite von jenem Wege ab, den
ihm Pflicht und Ueberzeugung vorzeich»
neten. Dieser Weg des Kirchenfürsten
mußte aber nothwendig jenen des ge»
wissenlosen Usurpators in Turin durch»
kreuzen, und so blieb dem Prälaten in
Bologna der Leidenskelch, den er ganz
leeren mußte, nicht erspart, und wie weit
es noch würde gekommen sein, wenn
nicht der allgemeine Gleichmacher, der
Tod, auch ihn vor der Zeit abberufen
hätte, wer kann es sagen, sah sich doch der Primicerius des Domcapitels, Monsignor
Rat ta , welcher dem Erzbischof am
13. Mai die Sterbesacramente reicben
sollte, gezwungen, diese Ehrenp flickt
einem Anderen abzutreten, da er selbst
bereits verhaftet war. Während seines
Wirkens als päpstlicher Nuntius in Wien
gewann Via le, wie vorher in Müncben,
alsbald die Sympathie des Hofes, und
der Nestor der europäischen Diplomatie
Fürst M e t t e r n i cd schloß mit dem
feinen päpstlichen Diplomaten ein Freund-
schaftsbündniß, welches so innig war, daß
der Prälat, der
sich
nie malen lassen wollte,
nun einmal in diesem Punkte ein Zuge-
ständniß machte, indem er für den Fürsten
sein Porträt anfertigen ließ, welcbes auck
die Grundlage aller späteren in die Oef-
fentlichkeit gelangten Bildnisse des Car-
dinals ist. Im Jahre 1848, nach den Er-
eignissen des 24. Februar in Paris,
strahlte die goldene Glorie der Märztage
über Oesterreich auf, die später unter dem
rauchenden Blute der Oktoberrevolution
so schmählich verlosch. Und als nun im
Mai Papst Pius IX. durch die in Rom
vorherrschend gewordene revolutionäre
Partei gezwungen ward, gegen Oester»
reich zu waffnen, gerieth der Nuntius
Viale zu Wien in eine schwierige Lage,
und es war nahe daran, daß Freiherr
von Lebzeltern, welcher damals das
Aeußere leitete, ihm seine Pässe zuschickte.
Aber die Persönlichkeit des in Hof- und
hohen Kreisen allgemein beliebten Kirchen-
fürsten bewirkte es, daß dieser übereilte
Schritt unterblieb, und der Prälat wußte
nach und nach das gute Einvernehmen
zwischen der kaiserlichen Regierung und
dem päpstlichen Stuhle wieder herzu-
stellen. Als dann im Laufe des Mai der
Hof bei der immer unheimlicher sich stei-
gernden Bewegung Wien verließ, folgte
auch Viale»Prel5 an das kaiserliche
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Band 50
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vastag-Villani
- Band
- 50
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1884
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 338
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon