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Vogt, Johann Michael 27 174 , Johann Michael 27
denen dieselbe nicht selten krankt: das
hohle Pathos und die ganz regelwidrige
Verwendung des Concertgesanges auf
der Bühne. Dadurch erreichte er
Triumphe neben dem künstlerisch weit
minder ausgebildeten Wi ld, der aber
dafür den Zauber der Jugend voraus
hatte und schon durch den wunderbaren
Schmelz seiner Tenorstimme sich Aller
Herzen leicht gewann. Aber dabei war
Vogl frei von dem berüchtigten Künstler-
neide, die glänzenden Gaben und Vor-
züge seines jungen Nebenbuhlers —
Wild war 24 Jahre jünger — stets an-
erkennend, gerieth er nur über das Pu«
blicum dann in Harnisch, wenn es den
Fehlern und Unarten seines Lieblings
beinahe noch mehr zujubelte, als dessen
wirklich guten und lobenswerthen Lei-
stungen. So trat er denn in italienischen,
französischen und deutschen Opern und
Singspielen auf, feierte in ersteren
Triumphe, wie solche deutsche Sänger
nur selten ernten, stand aber in den
beiden letzteren als eine künstlerische
Größe da, welche in der Folge angehen»
den Sangern als Muster vorgehalten
wurde. Von den schönsten italienischen
Rollen, in denen er zu jener Zeit glänzte,
nennen wir den Darius in der Oper
den A g a m e m n o n in
k", den Capitano in „1/^.inor
n13.rin2.r0") den Figaro in Paisiello's
„V^rdiers äi LsviFlia.". Für die deutsche
Oper war damals ein nicht eben genialer,
aber immerhin bedeutender Meister er>
standen, Weigl, ein klarer, besonnener,
gediegener Componist, reich an Erfin-
düng und Melodie und dabei ungemein
sorgfältig in der Ausführung. Noch war
es wirkliche Musik, die man allgemein
lobte, und nicht die Ohren betäubende
Instrumentation, die sich später zum
Hohn aller Gesetze der Himmelstochter Musik Bahn brach und verwüstend im
Reiche der Töne wirkte. In Weigl's
Opern: „Das Waisenhaus" und „Die
Schweizerfamilie" feierte Vogl mit der
Milder glanzende Triumphe. Von an-
deren deutschen Partien, in welchen er
mit gleichem Erfolge sang, seien genannt:
Graf Dunois in „Agnes Sorel" von
"Gyrowetz, im December 1806; —
Orest in „Iphigenie auf Tauris" von
Gluck, am Neujahrstage 4807, in
welcher Rolle er von erschütternder Wir«
kung war; — der Oberst im „Augen-
arzt" von Gyrowetz; — Mi l ton
in Spontini 's gleichnamiger Oper; —
Kreon in Cherubini's „Medea" —
und Jacob in Mehul's „Joseph
und seine Brüder". Nur selten ver-
stand es ein Sänger, gleich Vogl jede
Rolle in ihrer eigentlichsten Wesenheit
aufzufassen. „Es lassen sich kaum", be-
merkt Bauernfeld", dem man über-
Haupt das Wesentlichste über Vogl und
dessen Leben verdankt, „zwei verschie-
denere Persönlichkeiten erdenken, als dic
des Telasko in „Ferdinand Cortez"
und des Grafen Almaviva in „^0220
äi^iZkro"". Wenn Vogl als wilder
Mericaner durch seine leidenschaftliche
Glut hinriß, so zwang der stolze vor-
nehme Graf nach seiner Arie im zweiten
Acte einem Theaterenthusiasten den Aus»
ruf ab: „So und nicht anders singt ein
spanischer Grande erster Classe". Von
V 0 g l's Leistungen aus den letzten
Jahren seien erwähnt: der Prophet Da
niel in „Baal's Sturz" von Weigl
und seine letzte, eine sogenannte Neben-
rolle, der alte Castellan in Gretry's
Oper „Blaubart", welche 1821 neu in
Scene gesetzt und 1822 unter Barbaja's
Direction wiederholt wurde. Im Jahre
1821 ging das Hofoperntheater in Pacht
über, und Ende 1822 trat Vogl in
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Band 51
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Villata-Vrbna
- Band
- 51
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 350
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon