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Vogl, Johann Nepomuk 29 180 , Johann N epomuk 29
Grund und Boden" (Wien 4830, Adolf),
womit er den Freunden alter Spruch
weise ein Festgeschenk darbrachte, das
aus einer Compilation von 400 gereimten
deutschen Sprichwörtern besteht. Auch
das von ihm 1834 herausgegebene
„Oesterreichische Wunderhorn" enthält
mit Ausnahme von vier Gedichten
Vogl's sämmtlich nur Beiträge Anderer.
Erst mit den im Jahre 1833 erschienenen
Balladen und Romanzen richten sich die
Blicke der Literaturfreunde einigermaßen
schärfer auf den jungen Poeten, wenn«
gleich der Empfang, der ihm in Men-
zel's „Literaturblatt" »833, Nr. 88)
zutheil wurde, eben kein ermunternder
genannt werden kann. Doch waren die
übrigen kritischen Stimmen sehr anerken-
nend, und nun ging es an ein Produ-
ciren, wie es in Oesterreich kein zweiter
Dichter und in Deutschland nur einer,
und dieser auch in ganz anderer Form-
Vollendung — nämlich Friedrich Rückert
— aufzuweisen hat. Wir sehen in dieser
biographischen Skizze von einer Auf»
zahlung der Dichtungen Vogl's gänzlich
ab, weil wir auf Seite 183 eine vollstän-
dige bibliographisch'chronologische Ueber«
sicht seiner Schriften in Versen und Prosa
bringen. Neben seiner erstaunlichen Poe»
tischen Zeugungskraft besaß Vogl eine
unwiderstehliche Wanderlust, und kaum
hatte er in kleineren Ausflügen die
nächste Nähe kennen gelernt, als er auch
schon mit Dr. Romeo Selig mann
Md. XXXIV, S. 30) eine Reise nach
Trieft und dann nach Venedig unter»
nahm, was zu jener Zeit immerhin für
ein ganz gewaltiges Unternehmen ange-
sehen wurde. Auch die Kneipe bildet ein
nicht unwesentliches Moment in Vogl's
Leben. Er hatte
sich bald eine solche aus»
gewählt: beim Wirth zur „Stadt Bel-
grad" am Iosephstädter Glacis schlug er seinen Sitz auf und versammelte einige
Freunde um sich. Später vertauschte er
diese Stammkneipe mit einer anderen,
mit dem Ertrazimmer im Carl'schen
Gasthause an der Ecke in der Mechita.
riftengaffe. wo seine Tafelrunde, zu
welcher Dichter, Schriftsteller, Maler und
Musiker gehörten, über ein Decennium
bis in das Bewegungsjahr 1848 zu»
sammenzukommen pflegte. Man nannte
letzteres Gasthaus nach unserem Poeten
das „Voglhaus", was Dr. Schmidt
zwar bestreitet, aber ich hörte es oft so
bezeichnen. Die Namen der Schriftsteller
und anderen Anhänger, welche theils
regelmäßig, theils ab und zu sich dort
einfanden, führt Dr. Aug. Schmidt in
seiner Lebensskizze Vogl's auf. Beson«,
ders gern besuchte Letzterer Ungarn, es
paßte dieses an Eigenthümlichkeiten so
reiche Land ganz zu des Dichters wech-
selnden Stimmungen, und holte er sich
dort gern Stoffe zu seinen Gedichten,
welche er dann auch in seinen „Klängen
und Bildern aus Ungarn" gesammelt
herausgab. Da er Stoffe aus der unga»
rischen Steppe, die er aus seinen Reisen
kannte, mit besonderem Glücke behan»
delte, so nannten ihn die Magyaren den
„Dichter der Steppe", wie ihn^ie österrei»
chischen Literaturhistoriker von ehedem
den „Vater der österreichischen Ballade"
nannten, welche Bezeichnung denn doch
eigentlich dem Steirer Karl Gottfried
Lei tner gebührt, deffen gesammelte
Gedichte" mit den formvollendeten
Balladen und Romanzen schon 4823,
also zehn Jahre vor den vvn Vogl
erschienenen „Balladen und Romanzen"
in die Oeffentlichkeit traten. Nun aber,
indem wir über dergleichen nebensäch«
liche Launen der Kritik hinweggehen,
verfolgen wir Vogl's Poetenlaufbahn,
ese war in jeder Hinsicht eigenartig.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Band 51
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Villata-Vrbna
- Band
- 51
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 350
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon