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, Johann Nepomuk 29 ^88 , Johann Nepomuk 29
da das bischöfliche Consistorium darin eine
Entweihung des Friedhofes erkennen wollte (!).
In Folge dessen wurde der Nachruf gedruckt
unter die Anwesenden vertheilt. Der Schluß
desselben lautet: „Den Grabhügel zieren heute
im Namen aller Sangesbrüder — ob nah,
ob ferne — im Namen jener, die ihm im
Leben nahestanden, zwei Kränze: ein Eichen«
kränz, dem deutschen Manne, ein Lorberkranz.
dem Dichter dargebracht; die Widmung aber
und sein Lieblingslied: „Die letzte Treue"
wurden in Stein gehauen." Diesen Worten
entsprechend, legte auch der Vorstand einen
Lorberkranz mit blau«weißer Schleife und
einen Eichenkranz mit schwarz-roth'goldenem
Bande auf das Grab. und der Chor sang das
von T i t l componirte Lied: „Die letzte Treue".
Außer den Mitgliedern des Vereines wohnten
Vogl's Witwe, Schwester, andere Verwandte
und viele Freunde des Poeten der Feier bei.
— Neues Fremdenblatt (Wien, gr. 4".)
4866, Nr. 320: „Was man in Wien erzählt".
— Neue Freie Presse. 1866. Nr. 803:
„Eines Dichters Begräbnis. Von A.Si lbe r-
stein. —. Presse, 1886. Nr. 318, Local«
anzeiger: „Das Leichenbegängniß Ioh. Nep.
Vogl's". — Wanderer (Wiener polit.
Blatt. Fol.) 1367. Nr. 282. im Feuilleton:
„Grabdenkmal für Dr. I . N. Vogl".
IV. Artheile der Literaturhistoriker über Zo-
hann NtfomukVagl.. Die „ I l lust r i r te Zei>
tung" schreibt: „Vogl ist ein schönes por«
tisches Talent, das sich oft in herrlicher Blüte
entfaltet hat, das aber auch sehr viel unnütze
Blatterzuthat auf eine Blüte häuft, so daß
man das Talent des Dichters wegen, dem es
geworden, wahrhaft beklagen muß. Es gibt
keinen schreibseligeren Dichter als Vogl —
kaum flattert die rothe Flagge einer literari«
schen Ankündigung irgendwo heraus, ist er
gewiß der Erste, der seine Waare um ein
Spottgeld losschlägt. Das wahre Verständniß
der Poesie — ihr letzter erhabener Endzweck
— scheint sich ihm nicht geoffenbart zu haben,
er müßte sonst Weniges und dies mit Weihe
schaffen. Vogl holt sich seine poetische An<
regung nicht aus dem Leben und der Natur
— er schöpft mit hohler Hand aus fremder
Quelle, er untergräbt wie ein Maulwurf
fremde Bücher und stößt mit einem Male
ans Licht empor — ein scharfes Auqe wird
aber gewiß die fremde Erde auf seinem
Haupte entdecken. Er weiß fremde Elemente
so meisterhaft zu verarbeiten, daß ein unbe- fangener Leser ohne Bedenken sich ihm HM'
gibt. Der Balladenform ist er, wie Wenige,
Meister geworden, und wo er immer einen
herrenlos ruhenden Stoss antrifft, greift er
ihn wie ein Landstreicher auf und schlägt ihn
in die klingenden Fesseln seiner Balladen.
Durch dieses ununterbrochene Schaffen ohne
gewaltigen Drang ist er einseitig geworden und
arbeitet poetische Malereien nach hergebrachten
Patronen. Liedercomponisten finden in seinen
Gedichten einen ergiebigen Springquell, des-
halb ist er nach Uhl and und Heine unter
den neueren deutschen Poeten am meisten in
Musik gesetzt und so volksthümlich geworden".
— Rudolph Gottschall über I . N. Vogl:
„Neben den Humoristen (6 astelli. Sa»
phir) treten andere Wiener Volkspoeten auf,
die ebenso wenig um Stoffe verlegen sind,
und die allen diesen meistens auf der Land«
straße gefundenen Stoffen eine gemüthliche
Seit abzugewinnen wissen. Zu ihnen ^ehürt
vor Allen Ioh. Nep. Vogl aus Wien, ein
unermüdlicher Balladensänger, der mit der
poetischen Leier durch die Straßen wandert
und Jedem sein Lied singt, dem Soldaten
und dem Bergmann, bald altfränkisch, bald
modern, die ganze Specialgeschichte abstaubt
und aus den verlorensten Flüssen den Sand
wäscht, um einige poetische Goldkömer zu
finden. Was im Kaiserreiche, abgesehen von
größeren historischen Perspectiuen, zu denen
sich seinc mehr auf die wandernden Tableauc
des Jahrmarkts beschränkte Poesie selten uer'
steigt, an mundgerechter Poesie zu finden ist:
das hat Vogl gewiß entdeckt und in „Bal«
laden" (1827, 1846). in „klangen und Vil«
dern auü Ungarn" (1839), im „Fahrenden
Sänger" (1839) und anderen Sammlungen
ausgeschlemmt. Er wandert mit seiner Leier
durchs Lager und singt sein Lied bei den
Gewehrpyramiden („Soldatenlieder" 1849).
er steigt ins Bergwerk hinab und läßt im
dunklen Schachte seine Stimme ertönen
(„Mü der Teufe" 1849). I n ^vieg und
Frieden, über und unter der C'rde, bald
epischer Poet. bald tändelnder, sentimentaler
Liedersänger („Neuer Liederftühling" 1841),
bald patriotischer Barde („Deutsche Lieder"
1843). dem nur der Feind und die Ve<
freiungökriege zu einem Arndt und Körner
fehlen, hat Vogl fast jede Leipziger Messe
mit einem Bändlein besucht, ein heiterer lyri«
scher Papageno mit einem Vogelkäsige, in
dem recht munter durcheinander gezwitschert
wird. Den Ton der Innigkeit, der Gefühls»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Band 51
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Villata-Vrbna
- Band
- 51
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 350
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon